|
|
|
|
|
lifedays-seite
moment
in time
|
|
|
04.2
Gedichte - Walter
Rheiner
Insel der Seligen
Ein Abendlied
___________________________
DAS
ERSTE ABENDLIED
Abend,
himmlische See!
Blaue
Gnade! Neig dich auf des Ergriffenen Haupt!
Spül
ein, spül ein in das klingende Herz,
ein
in der Dörfer ersterbendes Rot.
Mische
dich bald der gebenedeieten,
der
Träne, die von den Wimpern strahlet,
da
des Einsamen Stirn, klar von deiner Tiefe,
tief
sich dir neigt.
Nimm
ihn auf! Schon rüstet zum Flug er sich
weit
in die kosmische Au. Der Sonne
dürstet
ihn. Schwarzer Reise
der
Nacht vertraut er sich träumend an.
Erflehte
Landschaft ersteht in der Brust.
See
blüht im Wald, silberne Blume, enorm,
Abbild
unendlicher Wölbung und Burg,
deren
Zinnen klingen von Morgen klar.
Gieß dich aus, selige Heimat, fernste, nächste!
Wie weit, ach wie weit ist es zu wandern
in deinen Schoß. Wie bitter,
an deinen Grenzen verlangend zu stehn!
. . .
Den Atem fühlen, den göttlichen, den du
spendest!
Inbrünstiges
Antlitz trinkst du auf in dich!
Wie
ein Baum (kaum noch Mensch), wie ein Felsen
steht
vor dir der Ergriffene: dein Geschöpf!
zurück
Neige dich, du Baum-Geflüster!
Näher wehet schon der Wald.
Zwischen Wolken,
Welt-Geschwister,
Sirius erhebt sich bald.
Feld gebreitet in der Aue,
Vogelflug am Horizont.
Über Teichen schwingt der blaue
unermeßlich
ferne Mond.
zurück
DAS
DRITTE ABENDLIED
Zu Häupten kreist
uns der Himmel.
O
du
goldner Wagen, Sonne, fährst
hin
melodisch
über uns Menschen.
Duftendes
Haar
der Erde, Bäume, neigen sich
dir.
Wie
der Wald uns bestürzt! Die
Wege
sind
Wesen, die fragen und
lächeln. Schon schwillt
uns
ein Hügel, atmende Brust,
entgegen. Grün
fließt
unser Herz in das Land.
In
den Azuren blau badet die
Stirne sich.
Erde,
Mutter und Heimat du! Gib,
gib
dich uns! Siehe, wir schlafen
im Wald,
sind
dir Moor oder Tier oder
schmerzlicher Baum.
zurück
DAS VIERTE
ABENDLIED
Unendliche
Stille! Der Himmel
wölbt.
Wolken
hangen uns in die Stirn.
Süß
reift im Ost des Mondes
Frucht.
Baum
blüht reglos in die Nacht.
Der
Frösche Schrei, der
Fledermaus Flug
Und
der Käfer sanfte Musik
Gießt
unsre Herzen hinaus.
Trunken
in solchem Abend
Wehen
an Horizonten wir hin.
Golden
leuchtet die Hand im Raum.
Nacht
schenkt unendlichen Traum!
Fliegende
Erde, wachsender Wald:
alles
sind wir! . . . Du bist
ich!
zurück
oben
___________________________
Textgrundlage: "Insel
der Seligen, Ein Abendlied", Walter Rheiner,
Das neueste Gedicht, Heft III, Dresdner Verlag von 1917, 1918
archive.org
Logo 510:
„january
sunrise“, jenny downing,
CC-Lizenz
(BY 2.0)
Bild
stammt aus der kostenlosen Bilddatenbank
www.piqs.de
|
lifedays-seite
- moment in time |
|
|
|
|
|
|
|