|
|
|
|
|
lifedays-seite
moment
in time
|
|
|
04.3
Japanische
Märchen
by Karl Alberti
Der
schlaue Polizist [15]
er
frühere Kaiser von Korea hatte sich
eine Geheimpolizei eingerichtet,
die für Ruhe und Ordnung in der Stadt sorgen mußte und Räubereien und
Diebstahl
verhindern sollte. Aber wie das oft so ist. Die Verbrechen wollten kein
Ende
nehmen und der Kaiser war recht ärgerlich. Er ließ sich den Obersten
der
Polizei kommen und machte ihm Vorwürfe. Der Oberste aber verteidigte
seine
Leute und sagte, sie seien alle tüchtig und geschickt.
Da
meinte
der Kaiser, nur der sei ein geschickter
Polizist, der alle Schliche und Listen der Diebe kenne und solche
selbst
anwenden könne. Er werde die Leute auf die Probe stellen. Sie sollen
sich alle
am anderen Morgen im Palaste einfinden.
Als
am Morgen die
Polizisten alle in der Vorhalle des
Palastes versammelt waren, erschien der Kaiser, in der Hand einen
seidenen
Beutel haltend. Diesen Beutel füllte der Kaiser mit Gold und ließ ihn
mitten an
der Decke der Halle aufhängen, so hoch, daß ihn niemand mit der Hand
erreichen
konnte.
Dann
sagte
der Kaiser:
„Hier
hängt der
Beutel mit Gold. Er bleibt drei Tage
lang hängen. Eine Wache wird stets dabei sein. Gelingt es einem von
euch diesen
Beutel binnen der drei Tage zu entfernen, ohne daß jemand es bemerkt,
so gehört
ihm der Beutel samt Inhalt und ihr alle sollt fernerhin in meinen
Diensten
bleiben. Gelingt aber keinem von euch die Aufgabe, so jage ich euch
alle zum
Teufel!“
Da
war
allgemeines Köpfeschütteln und tief betrübt
gingen die Polizisten heim; denn es schien unmöglich den Beutel zu
entfernen,
weil der Kaiser eine Wache von vier Mann aufgestellt hatte, die den
Beutel Tag
und Nacht bewachen mußte. Für Nachlässigkeit war der Wache mit
Kopfabschlagen
gedroht.
So
kam der
dritte Tag heran; der Beutel aber hing noch
unberührt an der Decke und die Polizisten erwarteten ihre Entlassung.
Da
meldete sich zum Erstaunen aller einer der
jüngsten Leute und erklärte, er wolle es versuchen aber er müsse noch
mindestens zwei Tage Zeit haben.
Er
wurde
zum Kaiser geführt; dieser lachte den jungen
Menschen aus und sagte: „Auch wenn ich euch zehn Wochen Zeit gebe, das
Kunststück gelingt euch doch nicht!“
„Das
mag
stimmen!“ erwiderte dieser, „und ich glaube
selbst, daß nur ein Wunder uns helfen kann, aber vielleicht tritt ein
solches
Wunder in den zwei Tagen ein!“ Dem Kaiser gefiel diese kecke Antwort.
„Gut, so
soll es sein! Diese zwei Tage seien euch noch gewährt!“
entschied er.
Der
junge
Polizist betrachtete sich in der Halle den
Beutel ganz genau und prägte sich alles fest ins Gedächtnis; dann eilte
er nach
Hause und fertigte sich einen ganz gleichen Beutel, den er mit kleinen
Steinchen füllte.
Am
zweiten
Tage nahm er diesen Beutel, steckte ihn in
den Ärmel seiner Jacke und ließ sich beim Kaiser melden, dieser empfing
ihn und
fragte, ob das Wunder schon geschehen sei.
Der
Polizist bat hierauf den Kaiser sich den Beutel
einmal ansehen zu dürfen, dieser genehmigte es und ging selbst mit zur
Halle,
wo der Beutel noch immer hing, bewacht von vier Soldaten.
Nachdem
er
sich den Beutel ein Weilchen von allen
Seiten angesehen hatte, fragte er, ob es gestattet sei den Beutel in
die Hand
zu nehmen. Auch das genehmigte der Kaiser. Der Polizist holte hierauf
eine
Bank, stellte sich darauf und nahm den Beutel vom Haken, sah ihn sich
wieder an
und steckte ihn in den Ärmel, indem er sagte:
„Auf
diese
Weise würde es gehen!“
Der
Kaiser
erwiderte lachend: „So ginge es wohl, ist
aber nicht erlaubt. Der Beutel soll fortgenommen werden, ohne daß es
jemand
weiß. Hänge ihn also nur ruhig wieder an die Decke und gib zu, daß auch
du ihn
nicht ausführen kannst!“
Der
Andre
machte scheinbar ein trauriges Gesicht, zog
seufzend den Beutel wieder hervor und hängte ihn auf. Er hatte aber
nicht den
Beutel mit dem Golde genommen, sondern ihn im Ärmel mit dem von ihm
vorbereiteten und mit Steinen gefüllten Beutel vertauscht und diesen
aufgehangen, während er den echten Beutel im Ärmel behielt und sich mit
diesem
entfernte, indem er dem Kaiser versicherte, er hoffe bis zum anderen
Morgen doch
das Kunststück ausführen zu können.
Der
Kaiser ließ
daher für diese Nacht die Wache
verdoppeln; auch mußte die Halle so hell erleuchtet werden, daß der
Beutel
stets zu sehen war.
Der
nächste Tag kam und auf Befehl des Kaisers mußten
sich alle Polizisten in der Halle versammeln um, wie der Kaiser
beabsichtigte,
sie für immer ihres Dienstes zu entlassen. Er herrschte die Leute denn
auch
recht unfreundlich an und wandte sich dann an jenen jungen Polizisten,
indem er
ihn höhnisch fragte, ob das Wunder geschehen sei.
„Ich
glaube ja!“, erwiderte dieser.
„Er
ist
total verrückt oder unverschämt frech!“ rief
da der Kaiser. „Glaubt er denn, ich kann nicht sehen? Da hängt doch der
Beutel!“
„Ich
sehe,“ erwiderte der Gescholtene, „daß dort wohl
ein Beutel hängt, ob es aber der wirkliche ist, möchte ich bezweifeln!“
„Das
ist
denn doch zu stark!“ schrie der Kaiser. „Holt
den Beutel herunter und bringt ihn her!“ befahl er der Wache.
Der
Beutel
wurde abgenommen und dem Kaiser gebracht,
der ihn öffnete, aber ein ganz verwundertes Gesicht machte, als er nur
Steine
in dem Beutel fand und beim genaueren Sehen erkannte, daß es gar nicht
der
frühere Beutel war.
„Kerl,
wie
hat er das fertig gebracht?“ fragte er den
listigen Mann. Dieser erzählte, wie er einen gleichen Beutel
angefertigt und
diesen dann in des Kaisers Gegenwart vertauscht habe.
„Bist
ein
verteufelt schlauer Bursche!“ sagte dann der
Kaiser. „Und da du mir der Klügste von allen zu sein scheinst, sollst
du deren
Oberster sein und ich will sie nicht entlassen. Sorge dafür, daß deine
Leute
ihre Pflicht tun und dir nacheifern!“ Und so geschah es!
|
lifedays-seite
- moment in time |
|
|
|
|
|
|
|