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Literatur


04.3



Biografie

Arthur Schnitzler



Arthur Schnitzler war ein österreichischer Erzähler und Dramatiker.
Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Wiener Moderne.


Geboren:           15.Mai 1862 in Wien

Gestorben:        21. Oktober 1931 in Wien
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Arthur Schnitzler kam als erster Sohn der insgesamt vier Kinder des jüdischen Laryngologen (Facharztes für Kehlkopf-Erkrankungen) Johann Schnitzlerund dessen Gattin Luise, Tochter des Wiener Arztes Philipp Markbreiter, in der Praterstraße 16 (Wien 2, Leopoldstadt) zur Welt.  
Von 1871 bis 1879 besuchte er das Akademische Gymnasium und legte am 8. Juli 1879 die Matura mit Auszeichnung ab. Danach studierte er an derUniversität Wien Medizin und wurde am 30. Mai 1885 zum Dr. med. promoviert.
Sein jüngerer Bruder Julius wurde ebenfalls Arzt.
 1885 bis 1888 arbeitete er als Assistenz- und Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien und war danach bis 1893 Assistent seines Vaters an der laryngologischen Abteilung der Poliklinik in Wien, betätigte sich aber bereits in dieser Zeit als Schriftsteller.
Sein literarisches Debüt gab er mit Liebeslied der Ballerine 1880 in der Zeitschrift Der freie Landbote und veröffentlichte in der Folge Gedichte und Erzählungen u. a. auch in Blaue Donau, Moderne Dichtung, Frankfurter Zeitung und Freie Bühne. Seiner Feder entstammt aber auch eine (einzige) wissenschaftliche Veröffentlichung:Über funktionelle Aphonie und deren Behandlung durch Hypnose und Suggestion (1889).
Von 1886 bis 1893 verlegte sich Schnitzler auf die Medizinpublizistik und verfasste mehr als 70 Beiträge, meist Rezensionen von Fachbüchern, unter anderem als Redakteur der von seinem Vater gegründeten Internationalen Klinischen Rundschau. 

Nach dem Tod seines Vaters 1893 verließ er die Klinik und eröffnete seine eigene Praxis, zuerst am Burgring 1 (Wien 1, Innere Stadt), dann in der Frankgasse 1 (Wien 9, Alsergrund).
An dem 1895 posthum erschienenen Klinischen Atlas der Laryngologie seines Vaters hatte er noch mitgewirkt.  

 
Ab 1890 war Schnitzler gemeinsam mit seinen Freunden Hugo von Hofmannsthal und Richard Beer-Hofmann  einer der Hauptvertreter des Jungen Wien, der literarischen Wiener Moderne, deren bevorzugter Treffpunkt das Café Griensteidl war. Schnitzler besuchte aber auch gerne das Restaurant Leidinger in der Kärntner Straße 61 und war  mit Sigmund Freud bekannt.
 
Er ist einer der bedeutendsten Kritiker der österreichisch-ungarischen K.u.k.-Gesellschaft und ihrer Entwicklung um die Jahrhundertwende. 

Seit Anfang des 20. Jahrhundert gehörte der Literat zu den meistgespielten Dramatikern auf deutschen Bühnen.
Nach der Veröffentlichung von Leutnant Gustl, in dem er den Ehrenkodex des österreichischen Militärs angreift, wurde ihm am 14. Juni 1901 der Offiziersrang als Oberarzt der Reserve aberkannt.
 
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges ging das Interesse an seinen Werken zurück. Dies hing auch damit zusammen, dass er sich als einer der wenigen österreichischen Intellektuellen nicht für die Kriegstreiberei begeistern konnte.  

1921 wurde ihm anlässlich der Uraufführung des Bühnenstücks Reigen ein Prozess wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses gemacht. Er zog daraufhin seine Aufführungsgenehmigung zurück.
In der Folgezeit isolierte sich der Schriftsteller zunehmend.
 
1927 verhängte die Radio Verkehrs AG (RAVAG) einen großen Radio-Bann gegen Schnitzler, der urheberrechtlich Ansprüche auf Tantiemen stellte.
In seinen letzten Lebensjahren schrieb er vor allem Erzählungen, in denen er Einzelschicksale um die Jahrhundertwende aus psychologischer Sicht darstellt.
 

Privatleben
 

Als Schnitzler am 26. August 1903 die 21-jährige Schauspielerin Olga Gussmann heiratete, war der gemeinsame Sohn Heinrich bereits ein Jahr alt.

1910 kaufte er von Hedwig Bleibtreu das Haus in der Sternwartestraße 71 (Wien 18, Währing), in deren Nähe auch seine Bekannten wie Richard Beer-Hofmann und Felix Salten wohnten.
 
1919 fand die erste Begegnung mit Hedy Kempny statt. Daraus entwickelte sich eine Freundschaft, die bis zu Schnitzlers Tod anhielt.

1921 wurde er von seiner Frau geschieden und erzog von da an seine Kinder Heinrich und Lili allein. Der Sohn arbeitete später als Regisseur.  
Der Freitod seiner Tochter im Jahr 1928 erschütterte ihn sehr.
 

Am 21. Oktober 1931 starb Schnitzler als einer der einflussreichsten deutschsprachigen Autoren des frühen 20. Jahrhunderts im Alter von 69 Jahren an einer Hirnblutung.
 


Künstlerisches Schaffen  

Schnitzler schrieb Dramen und Prosa (hauptsächlich Erzählungen), in denen er das Augenmerk vor allem auf die psychischen Vorgänge seiner Figuren lenkt. Gleichzeitig mit dem Einblick in das Innenleben der Schnitzlerschen Figuren bekommt der Leser auch ein Bild von der Gesellschaft, die diese Gestalten und ihr Seelenleben prägt.
Die Handlung der Werke Schnitzlers spielt meist im Wien der Jahrhundertwende. Viele seiner Erzählungen und Dramen leben nicht zuletzt vom Lokalkolorit. Ihre handelnden Personen sind typische Gestalten der damaligen Wiener Gesellschaft: Offiziere und Ärzte, Künstler und Journalisten, Schauspieler und leichtlebige Dandys, und nicht zuletzt das süße Mädel aus der Vorstadt, das zu so etwas wie einem Erkennungszeichen für Schnitzler wurde sowie simultan für seine Gegner zu einem Stempel, mit dem sie Schnitzler als einseitig abqualifizieren wollten.   Es geht Schnitzler meist nicht um die Darstellung krankhafter seelischer Zustände, sondern um die Vorgänge im Inneren gewöhnlicher, durchschnittlicher Menschen mit ihren gewöhnlichen Lebenslügen, zu denen eine Gesellschaft voll von ungeschriebenen Verboten und Vorschriften, sexuellen Tabus und Ehrenkodices besonders die schwächeren unter ihren Bürgern herausfordert. Wie Sigmund Freud in der Psychoanalyse bringt Arthur Schnitzler etwa zur gleichen Zeit jene Tabus (Sexualität, Tod) zur Sprache, welche die damalige bürgerliche Gesellschaft und ihre Moral unterschlagen. Im Gegensatz zu Freud offenbart sich das Wesen dieser Gesellschaft und ihrer Teilnehmer bei Schnitzler nicht als (vorher) Unbewusstes, sondern als Halb-Bewusstes etwa im inneren Monolog eines Protagonisten. Freud selbst schrieb in einem Brief an Schnitzler:   „Ich habe mich oft verwundert gefragt, woher Sie diese oder jene geheime Kenntnis nehmen konnten, die ich mir durch mühselige Erforschung des Objekts erworben, und endlich kam ich dazu, den Dichter zu beneiden, den ich sonst bewundert. So habe ich den Eindruck gewonnen, daß Sie durch Intuition – eigentlich aber infolge feiner Selbstwahrnehmung – all das wissen, was ich in mühsamer Arbeit an anderen Menschen aufgedeckt habe.“ – Sigmund Freud   Schnitzlers Werke beschäftigen sich häufig mit Themen wie Ehebruch (z.B. im Drama Reigen), heimlichen Affären und Frauenhelden (Anatol, Dramenzyklus). Nicht zufällig war es Schnitzler, der mit seiner Novelle Leutnant Gustl (1900) den inneren Monolog in die deutschsprachig Literatur
einführte. Mithilfe dieser besonderen Perspektive gelang es ihm, dem Leser einen tieferen, direkteren Einblick in die inneren Konflikte seiner Figuren zu geben. Er führte diese Erzählform auch in Fräulein Else fort.
 
In dem Roman Der Weg ins Freie und im Stück Professor Bernhardi befasste sich Schnitzler mit dem in Wien stark ausgeprägten Antisemitismus.  
Zugleich ist er einer der großen Diaristen der deutschsprachigen Literatur.
Von seinem siebzehnten Lebensjahr bis zwei Tage vor seinem Tod führte er pedantisch Tagebuch. Es wurde postum 1981-2000 in zehn Bänden veröffentlicht.
 

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