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04.7
Gedichte -
Herbst
Herbstentschluss
Trübe
Wolken, Herbstesluft,
Einsam
wandl’ ich meine Straßen,
Welkes
Laub, kein Vogel ruft –
Ach,
wie stille! wie verlassen!
Todeskühl
der Winter naht.
Wo
sind, Wälder, eure Wonnen?
Fluren,
eurer vollen Saat
Gold’ne
Wellen sind verronnen!
Es
ist worden kühl und spät,
Nebel
auf der Wiese weidet,
Durch
die öden Haine weht
Heimweh;
– Alles flieht und scheidet.
Herz,
vernimmst du diesen Klang
Von
den felsentstürzten Bächen?
Zeit
gewesen wär’ es lang,
Daß
wir ernsthaft uns besprechen!
Herz,
du hast dir selber oft
Wehgetan,
und hast es Andern,
Weil
du hast geliebt, gehofft;
Nun
ist’s aus, wir müssen wandern!
Auf
die Reise will ich fest
Ein
dich schließen und verwahren,
Draußen
mag ein linder West
Oder
Sturm vorüberfahren;
Daß
wir unsern letzten Gang
Schweigsam
wandeln und alleine,
Daß
auf unsern Grabeshang
Niemand
als der Regen weine!
Nikolaus
Lenau
Herbst
Nun
ist es Herbst, die Blätter fallen,
Den
Wald durchbraust des Scheidens Weh;
Den
Lenz und seine Nachtigallen
Versäumt’
ich auf der wüsten See.
Der
Himmel schien so mild, so helle,
Verloren
ging sein warmes Licht;
Es
blühte nicht die Meereswelle,
Die
rohen Winde sangen nicht.
Und
mir verging die Jugend traurig,
Des
Frühlings Wonne blieb versäumt;
Der
Herbst durchweht mich trennungschaurig,
Mein
Herz dem Tod entgegenträumt.
Nikolaus
Lenau
Herbstschauer
1.
Über
dem südlichen Höhenzuge
Leuchtet
schon der erste Schnee;
Schwäne
rauschen mit mächtigem Fluge
Ueber
den neblig dämmernden See.
Wie
mir bangt vor den kommenden Tagen!
Ach,
was hilft uns inneren Streit
Und
die lastende Sorge tragen
In
der traurigen Winterszeit?
Was
versöhnt uns, hilft uns verzeihen,
Was
belebt uns den sinkenden Muth,
Wenn
nun der Wald und die Luft im Freien,
Alles
in Todesschlummer ruht?
2.
Wie
oft ein Freudestrahl in banger
Und
schwerer Zeit ihr Grau'n durchbricht,
Flammt
durch Gewölk, vom Regen schwanger,
Ein
mächtig Abendlicht.
Es
scheinen Blitze drin zu sprühen;
Ein
Regenbogen schimmert hold,
Und
Blumen scheinen aufzublühen
In
Roth und Strahlengold.
In
diesem Licht, o schöne Sage,
Glüh'n
wie auf einem Scheiterhauf'
Des
hingeschiednen Sommers Tage
In
Todesflammen auf.
Verlangen,
Hoffen, ausgesponnen
Zu
süßen Stunden - Flor
Von
tausend Freuden, tausend Wonnen,
Flamm'
noch einmal empor!
3.
Durch
welkes Laub im dunklen Forste
Streift
Wild, das noch der Jagd entrann;
Um
Wipfel und verlass'ne Horste
Krächzt
noch ein Rabe dann und wann.
Betraure,
wen es rührt, dies Sterben
Dies
Klagelied in Feld und Flur -
Für
mich bringt's nach so manchem Herben
Erweckung
und Erhebung nur.
Ergieb
dich nicht, sagt' dies Ermatten,
Und
aus den Blätten rauscht es laut:
Das
düstre Weh'n, die tiefen Schatten
Sind
deinem Herzen längst vertraut.
Hermann
Lingg
oben
______________________________
Textgrundlage:
„Herbstentschluss“,
Nikolaus Lenau
– aus Gedichte, S. 94-95 2. Auflage, ED: 1834, Verlag
J. G. Cotta, EO: Stuttgart und Tübingen
wikisource.org
Textgrundlage:
„Herbst“, Nikolaus Lenau,
aus Gedichte, S. 72, Auflage 1, ED: 1857, Verlag:
J. G. Cotta
wikisource.org
Textgrundlage:
„Herbstschauer, Hermann
Lingg, aus:
Die
Gartenlaube, Herausgeber Adolf
Kröner,
ED:
1882, Verlag Ernst Keil’s Nachfolger, EO: Leipzig
wikisource.org
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1902,
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