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04.7
Gedichte - Herbst
20. Jahrhundert
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Herbst-Sonett
Dein
auge klar kristallen birgt die frage:
Weshalb
• seltsamer freund • bin ich dir lieb?
Sei
schön und schweig! in meinem gram ertrage
Ich
nur des tieres unumhüllten trieb.
Die
du in lange schlummer senkst • ich sage
Vom
höllischen geheimnis nichts das blieb •
Von
unheilsworten die die flamme schrieb:
Gift
ist mir leidenschaft und geist mir plage.
Liebe
mich sanft! aus dunklem heiligtume
Spannt
Amor listig des verderbens stahl •
Ich
kenne seiner marterkammern qual:
Schreck
wahn und schmach ... o bleiche wiesenblume!
Bist
du wie ich nicht auch ein herbstes-strahl •
O
meine weisse meine kalte Blume?
Charles
Baudelaire
Ende
des Herbstes
Ich
sehe seit einer Zeit
wie
alles sich verwandelt.
Etwas
steht auf und handelt
und
tötet und tut Leid.
Von
Mal zu Mal sind all
die
Gärten nicht dieselben;
von
den gilbenden zu der gelben
langsamem
Verfall:
wie
war der Weg mir weit.
Jetzt
bin ich bei den leeren
und
schaue durch alle Alleen.
Fast
bis zu den fernen Meeren
kann
ich den ernsten schweren
verwehrenden
Himmel sehn
Rainer
Maria Rilke
Herbst
Graue
Nebelschwaden wallen
In
den Tälern, um die Höhen.
Bleich
und bleicher scheint die Sonne,
Ohne
Licht und ohne Wärme. –
Öde
Felder, kahle Fluren,
Wo
in
Duft man sonst gewandelt –
Scharfer
Wind durchfaucht die Wälder
Und
das Laub stiebt von den Bäumen. –
Eichhorn
sucht das warme Nest schon,
Wenn
zu rauh die Lüfte blasen,
Sang
und Lieder sind verstummet,
Nur
der Häher krächzt und kreischet. –
Und
so rückt der Winter näher,
Langsam,
tappend, aber ständig –
Kürz’re
Tage, läng’re Nächte,
Mit
dem Reif, dem weißen kalten. –
Scheiden,
scheiden klagt’s in Tönen,
Klagt’s
in Blicken, weint’s verstohlen –
Wieder
nah’t das große Sterben
Und
das Bahrtuch wird gebreitet. –
Heinrich
Kämpchen
Herbstpark
Die
gelbe Krankheit herrscht. Wie Säufern fällt
Das
Laub Ahornen aus den roten Schädeln,
Und
Birken glühn gleich flinken Gassenmädeln
Im
Arm der Winde auf dem schwarzen Feld.
Und
wie die Hände einer Frau, die sinnt
Ihrem
Gemahl nach und der starken Lust,
Ward
weiße Sonne kühl! Du aber mußt
Der
Nächte denken, die im Juni sind.
In
diesen sternenbunten, sagt man, fror es.
Der
Park ist so verstört. Aus beiden Teichen
Zittert
die Stimme des gefleckten Rohres,
Wenn
Wellen so vom seichten Sande schleichen.
Und
Regen droht. In Kutten, stummen Chores,
Gehn
Wolken um die großen, grünen Eichen.
Paul
Boldt
_______________________________
Textgrundlage: „Herbst-Sonett“,
Charles Baudelaire, aus:
Die Blumen des
Bösen, S. 86,
ED: 1901, Verlag Bondi, EO: Berlin, Übersetzer: Stefan George.
Originaltitel: Sonnet d’automne
Originalherkunft: Les Fleurs du Mal
wikisource.org
Textgrundlage:
“Ende
des Herbstes“, Rainer Maria Rilke,
aus: Das Buch der Bilder 1. Buch Teil 2, S. 50,
Zweite sehr
vermehrte Auflage, ED: 1906, EO:
Berlin/Leipzig/ Stuttgart,
Verlag:
Axel Junker Verlag
wikisource.org
Textgrundlage:
„Herbst“, Heinrich Kämpchen, aus:
Was die Ruhr mir sang, S. 58, Auflage: k. A., ED:
1909, Verlag
Hansmann & Co., EO: Bochum
wikisource.org
Textgrundlage:
„Herbstpark“, Paul Boldt, aus: Junge Pferde!
Junge Pferde! S.
28, 1. Auflage, ED: 1914, Verlag Kurt Wolff,
EO: Leipzig
wikisource.org
Logo 100 : „The
May Queen“,
Margaret MacDonald,
1900, gemeinfrei
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