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04.2
Literarische
Epochen
Verzeichnis der literarischen Epochen
Deutscher Barock
Werke im Original
Epigramme
Der
Cherubinische Wandersmann des Angelus Silesius
Angelus
Silesius: Cherubinischer Wandersmann
*****
Biographie
Angelus Silesius, Dichtername; eigentlich Johann Scheffler
geb. Dezember 1624 Breslau - gest. 9.7.1677 ebenda
Johannes
Scheffler alias Angelus Silesius war Sohn des polnischen Edelmannes
Stanislaus (Stenzel) Scheffler (geb. 1562 in Krakau), Herr von und zu
Borwicze. Spätestens Ende 1618 war Stenzel Scheffler vermutlich seines
lutherischen Glaubens wegen nach Breslau übersiedelt und hatte dort am
20.2.1624 zweiundsechzigjährig die um vieles jüngere Maria Magdalena
Hennemann geheiratet. Die Mutter des Johannes Scheffler starb am
27.5.1639, zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes.
Johannes
Scheffler absolvierte seine Schulzeit 1639 bis 1643 am
Elisabeth-Gymnasium in Breslau. Sein Lehrer in Rhetorik war der von ihm
verehrte Christoph Köhler (Colerus), Opitz-Biograph und selbst
Verseschmied; ihm widmete Scheffler Gelegenheitsgedichte in Griechisch
und Latein. Köhler hatte am 22.5.1642 die allegorisierende rhetorische
Übung einer "teutsch-poetischen Mayenlust" veranstaltet, bei der
Scheffler die Nachtigall "abbilden, fürzeigen vnd beschreiben" musste.
Nach
seiner Schulzeit studierte Scheffler Medizin in Straßburg (ab 1643),
Leiden (ab Sommer 1644) und Padua (ab 25.9.1647), wo er am 9.7.1648 zum
Doctor philosophiae et medicinae promovierte.
In
Breslau wurde am 19.12.1648 das elterliche Erbe von den Vormündern an
die erwachsenen Geschwister Scheffler - Magdalena (geb. 1626) und
Christian (geb. 1630) - übergeben. Johannes Schefflers Anteil wurde vom
Arzt und Schwager Tobias Brückner entgegengenommen, was darauf
hindeutet, dass Scheffler erst danach aus Padua oder anderswoher nach
Breslau zurückkehrte. Nach seiner Rückkehr in die Heimat nahm er am
3.11.1649 beim streng lutherisch-orthodoxen Herzog Sylvius Nimrod von
Württemberg in Oels die Stelle eines Hof- und Leibmedicus an.
Während
seiner Dienstzeit dort wendete sich Scheffler - angeregt durch die
Beschäftigung mit mystischer Literatur und vor dem Hintergrund von
Querelen mit dem lutherisch-orthodoxen Hofprediger in Oels - mehr und
mehr dem katholischen Glauben zu. Im Dezember 1652 quittierte er seinen
Dienst als Hofmedicus in Oels; schließlich bekannte sich Scheffler am
12.Juni 1653 in der Kirche St. Matthias zu Breslau öffentlich zur
römisch-katholischen Kirche, wobei er zu seinem Taufnamen Johannes den
Zunamen Angelus annahm, der zu seinem Pseudonym wurde (Angelus Silesius
= Schlesischer Bote).
Schefflers
Konfessionswechsel hatte großes Aufsehen erregt und harte Kritik von
protestantischer Seite hervorgerufen. So fühlte er sich veranlasst,
1653 eine Art Rechtfertigungsschrift zu veröffentlichen, die
Gründtliche Vrsachen vnd Motiven, Warumb er Von dem Luthertumb
abgetretten Vnd sich zu der Catholischen Kyrchen bekennet hat. Seine
sicher uneigennützige Konversion brachte ihm am 24.3.1654 die mit
keinerlei Einnahmen verbundene Ernennung zum Hofarzt durch Kaiser
Ferdinand III. ein.
Am
29.5.1661 empfing Scheffler in Neiße die Priesterweihe. Von da an
wirkte er ganz im Sinne der schlesischen Gegenreformation.
Zwischen
Konversion und Priesterweihe erschienen die meisten von Schefflers
poetischen Werken, derentwegen er in die Literaturgeschichte einging:
zunächst die Geistreichen Sinn- Und Schlussreime (1657), berühmt
geworden unter dem erweiterten Titel der Zweitauflage als
Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluss-Reime
(1675). Der Hinweis auf die Cherubim bezieht sich auf die alte
Unterscheidung der Engel und deutet an, dass der Versuch, den
mystischen Weg zu Gott zu beschreiben, hier in einer intellektuellen,
den Verstand ansprechenden Weise unternommen wird. Dem entspricht die
"geistreiche" (= spitzfindige) Form des Alexandriner-Epigramms, die
eine antithetische, pointierte Sprechweise herausfordert und zu
schroffen, paradoxen Feststellungen und Behauptungen führt, mit denen
das Unsagbare in Worte gefasst werden soll.
Sein
zweites, 1657 erschienenes Werk ist gänzlich anderer Natur: Dem
spekulativen Umkreisen mystischer Vorstellungen im Cherubinischen
Wandersmann stellt Scheffler die Heilige Seelen-Lust Oder Geistliche
Hirten-Lieder Der in jhren JESUM verliebten Psyche zur Seite, die den
gefühlsbetonten Weg zu Gott beschreiben. Es handelt sich um ein
Gegenstück zur verbreiteten weltlichen Schäfer- und Liebesdichtung,
deren Formen und Motive parodiert und dem geistlichen Zweck nutzbar
gemacht werden. Über allem herrscht die Gemütsbewegung der Liebe, bei
der die Brautmystik aus dem Hohelied Salomos als Vorbild gesehen werden
kann.
Von
1664-66 wirkte Scheffler als Hofmarschall beim Offizial und
Generalvikar für Schlesien, Sebastian von Rostock, dessen Ziel die
Rekatholisierung Schlesiens war. Ab 1666 machte er sich dann, nachdem
er sich ins Stift St. Matthias in Breslau zurückgezogen hat, an die
Abfassung seiner zahlreichen polemisch-theologischen Schriften, die
1677 unter seinem bürgerlichen Namen als Ecclesiologia gedruckt wurden.
Hierbei wurde er von dem befreundeten Zisterzienserabt Bernhard Rosa
finanziell unterstützt, denn Scheffler selbst hatte sein ganzes Geld in
der Fürsorge für Arme und Bedürftige aufgebraucht. - In St. Matthias
entsteht auch 1675 die Sinnliche Beschreibung Der Vier Letzten Dinge,
in denen er den Tod, das Jüngste Gericht, die ewigen Qualen der
Verdammten und die ewigen Freuden der Seligen schildert.
Am
9.7.1677 verstarb Scheffler nach längerer in Kontemplation zugebrachter
Krankheitszeit zurückgezogen im Stift St. Matthias in Breslau.
Fortgewirkt
haben vor allem Schefflers Cherubinischer Wandersmann und die Heilige
Seelen-Lust. Gottfried Arnold gab den Cherubinischen Wandersmann nach
der Zweitausgabe von 1675 mit eigenem Vorwort neu heraus (1701 und
1713). Die Lieder der Heiligen Seelen-Lust wurden teilweise in die
Kirchengesangbücher beider Konfessionen aufgenommen, 16 einzelne Lieder
sind bis heute darin geblieben. Sie hatten zudem auf die
Kirchenlieddichter des 17. und frühen 18. Jahrhunderts eingewirkt.
Vereinzelt
fanden Philosophen wie Leibniz, Baader, Friedrich Schlegel,
Schopenhauer und Hegel an gewissen Aussagen des Cherubinischen
Wandersmann Interesse, während die Dichter Friedrich Rückert, Annette
von Droste-Hülshoff und Gottfried Keller ihren Gefallen an der
Übereinstimmung von literarischer Form und Gedankenführung hatten.
Textgrundlage
oben
___________________________
Logo 407: "Still-Life
with Musical Instruments", Pieter Claesz,
1623, gemeinfrei
Wikipedia
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