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04.2
Gedichte
Charlotte von Ahlefeld
Für Dich
Kennst
Du das Wort, das allgewalt′ge Schwingen
Dem
Geiste leiht, das schwerste zu vollbringen?
Das
göttergleich, gesunknen Muth befeuert,
Und
starke Kraft in schwacher Brust erneuert?
Das
bittre Opfer, sonst dem Schmerz geweiht,
Für
mich erhöht zur höchsten Seeligkeit?
Kennst
Du das Wort, dem nie ein andres glich?
Der
Liebe Losung ist′s, es heißt: Für Dich!
Für
Dich dem Tode still mich hinzugeben,
Dünkt
süßer mir, als ohne Dich zu leben.
Doch
knüpfte auch, im innigsten Vereine,
Mein
Schicksal liebevoll sich an das Deine,
So
würd′ ich dennoch gern von Daseyn scheiden,
Befreite
Dich mein Tod von Schmerz und Leiden,
Und
selbst in banger Qual beglückte mich
Des
Zauberwortes Himmelsklang: Für Dich!
oben
Pflanzenleben
Habt
Ihr schon in junges Grün gekleidet,
Eure
Knospen jugendlich empor?
Zarte
Pflanzen, die ich oft beneidet,
Wenn
mein Auge sich an Euch geweidet,
Und
mein Sinn sich tief in Euch verlor.
Denn
umweht von warmen Frühlingslüften,
Oeffnet
sich der Erde dunkler Schooss.
Aus
des mütterlichen Bodens Grüften,
Ringen
sich, geweckt zu süssen Düften,
Eure
still entsprossten Keime los.
Und
der Sonne milde Blicke schweben
Liebend
um das neue, frische Grün.
Kraftvoll
regt sich Euer innres Leben,
Und
mit ungehemmtem, raschem Streben,
Keimt
die Knospe nur um aufzublühn.
Süsse
Wohlgerüche zu verhauchen,
Bricht
bewusstlos dann die Blume auf;
Und
des Tages helle Strahlen tauchen
Schmeichelnd
sich in ihren Kelch und saugen
Leis′
und schnell ihr junges Leben auf.
Könnt′
ich, stille Pflanzen, mit euch tauschen,
Schmerzlos
leben und vergehn, wie Ihr!
Leise
nur berührt, wenn Stürme rauschen,
Würd′
ich auf der Sonne Lächeln lauschen,
Und
das Daseyn wäre freundlich mir.
Euer
Loos - so einfach und bescheiden -
Ach
warum ward es dem Menschen nicht? -
Uns
zerstören namenlose Leiden
Und
die einzeln uns geschenkten Freuden
Stillen
unsern Durst der Seele nicht.
Bis
der Schleier schimmernd sich erhebet,
Der
das matte Auge jetzt umhüllt:
Bis
das Sehnen, das uns oft durchbebet,
Und
das Ahnen, das uns leis′ umschwebet
Der
Verklärung Himmelsglanz erfüllt.
oben
___________________________
Textgrundlage: Gedichte aus "Natalie", Charlotte von Ahlefeld,
Berlin 1808, gemeinfrei
Für Dich
Pflanzenleben
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Eigenes Werk ©gisela
rieger
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