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04.2
Gedichte -
Friederike Brun
Tempel
der Freundschaft
An C.
V. von Bonstetten.
(Genf,
im April 1791.)
Senke
dich sanfter herab im Taue der lächelnden Frühe,
Lieblich
vom duftendem Hauch knospender Blüten umwallt,
Froher
Erinnerung Bild! Süß labend wie Honig der Wiese,
Hell,
wie der Lerche Gesang fern aus dem Äther mir tönt!
Freundschaft
singe dein Lied, und mahle mit rosigem Schimmer
Hlyna’s
Tempel mir vor, über den Wogen erhöht!
Sieh’
den Rücken des Jura! Dort trägt er auf furchtbarer Höhe
Wandelndes
Wolkengebirg, schimmernd im sonnigen Strahl!
Sieh’
um des Mächtigen Fuß, wie Herden, Städte gelagert,
Und
manch friedliches Dorf, winkend im Obsthain versteckt.
Tönend
hebet der See am Kieselufer des Vorlands
Höher
die Wogen, und wallt still in die grünende Bucht;
Fernher
tanzen die Wellen von Thonons Felsengestade,
Tragen
des Himmels Gebild treulich im spiegelnden Schos;
Größe
mit Anmut vereint und Ruhe der göttlichen Freiheit
Schmückten
dies himmlische Tal segnend mit Fülle der
Frucht,
Aber
ihr winket umsonst mir, Blüten umduftete Täler!
Eilend
erklimmet mein Fuß fröhlich die hallende Burg;
Milder
wie Tal und Gebirg im bräutlichen Schmucke des Lenzens,
Lächelt
Freundschaft im Blick liebender Gatten mir dort!
Sanfter
ruft, wie die Nachtigall lockt, am Ufer des
Baches
Mich
die Stimme des Freunds: „Eil’, o Freundinn! uns zu.„
Ton
der Leyer
Warum
entschweben selten mir die Töne
Der
jugendlichen blütengleichen Lust?
Gabst
du vielleicht, o himmlische Comoene,
Der
Leiden sanften Ton nur meiner Brust?
Wenn
stille Thränen sich im Auge bilden,
Und
süsse Wemut meine Seele füllt,
O
dann begleiten Lieder oft den milden
Erguß,
der meinen dunkeln Blick umhüllt!
Nur
zu des Herzens still gefühlter Feier,
Nur
für den hohen
geistigern Genuß,
Stimmt
Einsamkeit mir meine sanfte Leyer,
Und
adelt der Empfindungen Erguß!
Wenn
dann die Dämmrung schaurig sich ergießet,
Nur
noch auf Felsenkronen Purpur glüht,
Erwacht
der innre Sinn; das Auge schließet
Sich
vor der Gegenwart,
das Zukunft sieht.
Dann
schwebt in hohen ungemessnen Weiten
Des
Aetherraums der kühn entflohne Geist!
Sieht
Welten wandeln, Monde sie begleiten;
Fühlt
Wonne, die
Unsterblichkeit verheißt.
Bis
Psyche, ach! vom hohen Fluge trunken,
Sich
sinkend, matt, der Erde nahe fühlt,
Und
der verhüllte göttlich reine Funken
Im
Schooß der Gegenwart sein Feuer kühlt!
oben
_________________________
Textgrundlage: Friederike Brun, aus: Gedichte -
Herausgeber:
Friedrich von Matthisson, ED: 1795, Verlag: Orell, Gessner,
Füssli u. Co., Zürch
"Der Tempel der Freundschaft" "Ton der Leyer"
wikisource
Logo 270: "A
spider web", Carriec, 2011,
Lizenz: CC 3,0 - Namensnennung
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