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Literatur


04.2



Gedichte
 

Marie Eugenie Delle Grazie



 Y–a! Y-a! Maledetto

„Y–a! Y-a!“ „Maledetto“ –
Willst du endlich?“ doch er steht,
Trotzig weit die Beine spreizend,
Hoch die Nüstern aufgebläht. 

Schläge? Pah! sein täglich Futter –
Kaum noch fühlt sie Fleisch und Haut;
Aber eine Meinung hat er,
Und die sagt er Allen laut!

Boshaft lacht das graue Auge,
Höhnisch zuckt das schiefe Maul –
Wund der Rücken – doch was tut es?
Ihm behagt’s und – er ist faul!

Stück für Stück rollt das Gemüse
Aus den Körben, die er trägt;
Schöne Ware – soll zu Markte –
Doch wie auch der Führer schlägt,

Tobt und wütet, rast und zetert –
Beppo steht, ein ganzer Held,
Schwitzt und blutet, weil’s nun einmal,
Seiner Torheit so gefällt;

Weil die besten seinen Ahnen
Diesen Brauch auf ihn vererbt.
Fromme Esel-Überlief’rung,
Heilig, wenn auch oft gegerbt!

Mitleidvolle Seelen aber
Sammeln sich im Kreis ringsum
Und beseufzen heut’ wie immer
Blödsinn als Martyrium!


 Im Klosterfrieden

So still ringsum .... wie traumverloren plaudert
Im Hof der Brunnen nur gedämpften Schall’s
Und seiner Wasser Silberfülle zaudert,
Als fürchte sie den Klang des Niederfall’s. 

Ein eng Gevierte nur: schmucklose Räume,
Im Kreuzgang des zerfleischten Heiland’s Bild –
Geschloss’ne Pforten – keusch umhegte Träume –
Und Stille rings, so wonnig, süß und mild.

Im Garten duften die Orangenblüthen
Und dichter Epheu überspinnt die Wand,
Als woll’ er diesen heil’gen Frieden hüten
Vor Stürmen und des Lebens Sonnenbrand.

Zuweilen flattert nur ein Nonnenschleier
Im Wind aus, oder girrt ein Taubenpaar –
Der Himmel strahlt herein in blauer Feier,
So eng begrenzt – doch ach! wie mild, wie klar .


 Ein Gewitter steht am Himmel

Ein Gewitter steht am Himmel,
In der Ferne tost das Meer
Und der Wolken grau Gewimmel
Jagt in wilder Hast daher. 

Doch aus den Ruinen leuchtet
Sturmentrückter Bilder Pracht,
Und vom Regen lind befeuchtet
Glänzt der Marmor durch die Nacht;

Und ringsum herrscht tiefes Schweigen,
Heil’ge Ruh umfängt die Stadt,
Ruh’, wie sie nur Jenen eigen,
Die der Tod geadelt hat!






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_________________________
Textgrundlage: Marie Eugenie Delle Grazie, aus: Italische Vignetten,
S. 63-67, ED: 1892, Verlag: Breitkopf und Härtel, Leipzig
"Y-a! Y-a"! "Maldetto" -, S. 25,   Im Klosterfrieden, S.48,  
Ein Gewitter steht am Himmel, S. 94
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2008
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