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Literatur


04.2

Gedichte

Amalie von Imhoff



An H …..

Dort  am Rhein, wo Dir zur Seiten
Die Erinn’rung großer Zeiten
Manches Bild herauf beschwor:
Sang ich leis‘ am schönen Strande
Lieder einem fernen Lande,
Dir nur sang ich sie nicht vor.

Die aus tiefster Brust entsprungen,
Schmerzlich süß sich ihr entrungen
Mögt‘ ich jetzt, o Freund, Dir weih’n.
Flößte Dir, was so viel Tränen
Mir gekostet, der Helenen
Los ein gleiches Mitleid ein.

Doch mit besserm Grund, als viele,
Die den heißen Kampf zum Ziele
Kühlen Spottes nur gewählt
Kannst Du offen, schlicht erklären,
Wie zu jenen Griechenheeren
Dir Vertrauen noch gefehlt.

Da im Schutz der Janitscharen
Jene Küsten Du befahren
Von der Knechtschaft Joch bedrückt
Überall mit innerm Grimme
Sahst der bessern Menschheit Stimme
Feig in Sklaven-Sinn erstickt.

Normann selbst und frei geboren,
Nimmer ahnend, wie verloren
Völkern geht der Freiheit Bild,
Dass, von roher Willkür Schergen
Unentweiht, auf Schwedens Bergen
Thront so kräftig, hehr und mild.

Jener Moslem stolz Behagen,
Herrscher-Trotz und Ernst, bestachen
Leicht den trotzig jungen Mut;
Und Du sahst mit Wohlgefallen,
Wie bequem in Pallas Hallen
Dort der bärt’ge Türke ruht.

Dicht daneben, Knechts-Gestalten,
Schlichen scheu, in dürft’ge Falten
Eingehüllt, der Schmach bewusst
Griechen in ihr Nichts versunken,
Wie der kühne Götterfunken
Schlief in enger Sklavenbrust.

Jene möchtest Du verdammen! –
Doch in herben Läutrungs-Flammen
Siehst Du diese neu beseelt;
Deren mut’gen Kampf beginnen,
Höchste Ehre zu gewinnen,
Nur der Kranz des Sieges fehlt.

Bist ja selbst ein wack’rer Krieger!
Hätt‘ auch Recht bei Dir der Sieger
Nur, nach schnödem Weltgebrauch? –
Lagst einst auch in Band und Wunden,
Aber Gott lies Dich gesunden;
Sieh! – und Jenen hilft Er auch.

Sah‘ ich doch Dich männlich trauern,
Als von Pallas heil’gen Mauern
Kund uns ward des Britten Raub,
Stein doch war nur dort entführet;
Sähst Du weniger gerühret
Ein zertret’nes Volk im Staub? –

Nicht denn stör‘ es unseren Frieden
Dass mein Geist, von Dir verschieden,
Jenes Kampfes Ausgang träumt –
Männer Blick schaut kühl zur Ferne;
Frauen Auge fragt die Sterne,
Wenn die Erden –Hilfe säumt.


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__________________________
Textgrundlage: "Zum Besten der unglücklichen Greise,
Witwen und Waisen in Griechenland" ,
Herausgegeben von Amalie von Helweg, geb. Freyin von Imhof,
Berlin, im Mai 1826
in Commission bei Leopold Wilhelm Krause, Adlerstr. Nr. 6
Sammlung: Varia der HAAB Weimar


Logo 283: "Elijah's Sacrifice," Albrecht J. Moore, 1863, 
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