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04.2
Gedichte
Amalie von Imhoff
Mein
Traum
Als
vom Schlummer leis beschlichen
Sich
die Augenwimper schloß,
Und
die Bilder all erblichen
Die
der Tag um mich ergoß,
Sank
mit rosigem Gefieder,
Süsser
Ruhe Unterpfand,
Jüngst
ein Traum zu mir hernieder,
Den
mein Schutzgeist mir gesandt.
Rauher
Winterstürme Brausen
Hörte
mein erschrocknes Ohr;
Kalter
Regengüsse Sausen
Schallte
aus dem Sturm hervor,
Als
am Fenster meiner Zelle
Wo
ich ängstlich still gelauscht,
Mir
ein Fittich, silberhelle
Schnell
und scheu vorüberrauscht.
Schwirrend
streift es hin und wieder,
Schlägt
das kleine Flügelpaar;
Am
erstarrenden Gefieder
Zittern
Eisestropfen gar;
Sieh
das arme Vöglein spähet
Nach
dem Nestgen, das gewiß
Dieser
Sturm, dem nichts entgehet,
Von
des Hüttchens Obdach riß.
Voll
Erbarmen nehm’ ich leise
Vom
beeisten Fenster ihn;
Und
es sinkt der silberweiße
Starre
Vogel leblos hin,
Mir
in Schooß, es bebt der Arme
Auf
der Hand, die zart und fest,
Ängstlich
ihn, daß er erwarme
An
den heissen Busen preßt.
Lebe,
holder Fremdling, lebe!
Ruf’
ich selbst mir kaum bewußt;
Deinem
kleinen Herzen gebe,
Neue
Wärme diese Brust!
Sieh,
er regt sich, frisch erhebet
Das
gesenkte Köpfgen sich,
Und
mit munterm Fluge schwebet
Dankbar
flatternd er um mich.
Aber,
Wunder sonder Gleichen!
Meinen
Augen trau ich kaum;
Zarte
Rosenglieder steigen
Aus
der Federn seidnem Pflaum.
Goldne
Ringellocken blinken,
Wo
der kleine Schnabel war
Seh
ich Purpurlippen winken
Und
ein schelmisch Augenpaar.
Kurz,
am schönsten Knaben zeiget
Sich
vom Vogel keine Spur,
Von
der weißen Schulter steiget
Goldbesäumt
die Schwinge nur.
Ha!
Du Schelm! gar wohl belehret
Dieses
Goldgefieder mich,
Ich
erkenn’ auch unbewehret
Losesten
der Vögel dich.
Süß
und lispelnd jetzt versetzet
Er
mit lächelndem Gesicht:
Daß
dich mein Geschoß verletzet,
Fürchte
holdes Mädchen nicht.
In
der Brust die mich gepfleget,
Ruht
ein warmes treues Herz,
Doch
das ruhige beweget
Nie
der Liebe süßer Schmerz.
Listig
wollt ich dich betrügen;
Mitleid
öfnet oft die Thür,
Deine
Schwestern zu besiegen,
Zu
den weichen Herzen mir,
Doch
das deine sey verschonet;
Diese
stille Brust verlieh
Einem
Gotte Schutz, er lohnet
Dir
mit solchem Undank nie.
Meiner
Fackel Glut entzünde
Sie
mit wilder Flamme nicht,
Und
es raube meine Binde
Nie
der heitern Blicke Licht;
Schmerzlos
sey dir meiner Pfeile
Meines
goldnen Bogens Macht.“
Hier
entfloh mit loser Eile
Amor,
und ich war erwacht.
____________________________
Textgrundlage: Gedichte
Amalie von Imhoff,
Aus Musen-Almanach für das Jahr 1798,
Herausgeber Friedrich Schiller, 1. Auflage, ED: 1798,
Verlag: J. G.
Cotta, Tübingen
Mein
Traum , S. 19-23
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