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Literatur


04.2

Gedichte

Amalie von Imhoff



Als ich Byrons Tod erfahren

Hoher düst’rer Geist! – so früh vollendet
Hast Du Deine Bahn, auf diesem Stern? –
Seiner heitern Seite abgewendet,
Schiedest Du vom Leben doch Dich gern.

Seine Blüten hattest Du gebrochen,
Und, von jugendlicher Lust berauscht,
Trotzig fordernd, was sie Dir versprochen,
Überdruss für Wonnen eingetauscht.

Da, voll Unmut, wandtest du vom Mahle
Dich, vergleichbar undankbarem Gast,
Der den Wirt verklagt, wenn er die Schale
Edlen Weins zu wüstem Rausch verprasst.

Und, verarmt an Hoffnung, stürmest weiter
Du hinaus in Gottes schöne Welt;
Ekel nur und Gram dir als Begleiter,
Menschenhass zum Führer dir gesellt.

Konnten Südens Lüfte Wunden heilen,
Die der Brust so Hass als Liebe schlug? –
Ferne Sonnen jene Nebel teilen
Wie der Geist sie nächtlich in sich trug? –

Nur die Muse haucht‘ in deine Seele
Kurze Stille bei des Busens Drang.
Seiner Wogen Kampf mit heil’gem Öle
Ebnet die allmächtig nur Gesang.

Und ihm horcht bald mit regem Schlage
Jedes Herz, von süßem Weh berührt:
Wie des tief empfund’nen Leides Klage
Uns dem eignen, engen Selbst entführt.

Bald in seinem Zauberspiegel tauchen
Inseln auf vom schönen Griechenland.
Hier ein blutig Schlachtfeld seh ich rauchen,
Dort die Trümmer an Sicilia’s Strand.

Und, wo mit gesträubtem Haar wir lauschen,
Wenn dein mächt’ger Ruf das Grausen weckt,
Rätselhaft, wie Geisterschwingen rauschen,
Fesselst du den Sinn, den du erschreckst.

Nirgends zeigten hemmend Hercules Säulen
Deinem Geist sich, im verwegnen Lauf
Und du decktest frech die Eiterbeulen,
Wie die Wunden deines Herzens auf.

Feindlich doch, verzehrt von eignen Flammen,
Rang’st du mit des Riesengeistes Kraft:
Denn das Band, so mit der Welt zusammen
Nur ihn hielt heiß Schmerz und Leidenschaft.

Also trieb es dich im irren Wallen
Jenem Inselvolk des Südens zu:
Ähnlich dir, mit Glück und Welt zerfallen,
Hochbegabt von der Natur, wie du.

Auch euch starb er allzu früh, Hellenen! –
Die ihr dankbar ehrend in beweint. –
Höhern Mitleids wehrt durch eure Tränen;
Denn für Tausend galt der eine Freund.

Viel verkannt, wie hart er sich verklagte,
Gottes und der Menschen Feind genannt, -
War er’s doch allein, der nicht verzagte,
Als sich alles feig von euch gewandt.

Wär’st du als ihr Führer doch gefallen! –
In des Heldenkampfes blut’gem Spiel  –
Hochgetragen zu des Ruhmes Hallen.
Doch zwei Siegeskränze sind zu viel! –

Einen nur will dir die Muse gönnen,
Ihre Tränen haben ihn geweiht;
Nie wird Neid ihn dir entreißen können,
Denn der Schmerz flocht ihn der Ewigkeit.

Reuig schon erkennt die Feuerseele
Dort, mit ihrem Reichtum, ihre Schuld;
Und dass er dich zu den Seinen zähle,
Bürgt des göttlich treuen Hirten Huld.

Einen mildern Richter wirst du finden
Jenseits, als ihn dir die Erde gab. –
Hier indes, in lauen Abendwinden,
Säuselt schon Versöhnung um dein Grab.







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Textgrundlage: "Zum Besten der unglücklichen Greise,
Witwen und Waisen in Griechenland" ,
Herausgegeben von Amalie von Helweg,
geb. Freyin von Imhof, Berlin, im Mai 1826
in Commission bei Leopold Wilhelm Krause, Adlerstr. Nr. 6
Sammlung: Varia der HAAB Weimar


Logo 133a: "Lord Byrons  Death -bed", Joseph D. Odevaere,
etwa 1826, gemeinfrei
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