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Literatur


04.2

Gedichte

Amalie von Imhoff



An Wilhelm Müller

Gruß dir, der kühn gesungen,
Und schön, für Griechenland!
Aus tiefster Brust entrungen
Hat auch dein Lied durchdrungen
Die Seelen, dir verwandt.

Am grünen Elbgestade
Doch sangest du allein,
Dir wollt‘, an Furcht und Gnade
Verkauft, auf kühnem Pfade
Gefährte keiner sein.

Dumpf schweigen Deutschlands Sänger,
Geschreckt von schnödem Hohn –
Der Freiheit Schutz nicht länger;
Als säßen Hellas Dränger
Auf ihrem Nacken schon.

Wie in gesunkenen Zeiten,
Vor der Satrapen Zwang,
Der Leier goldne Saiten
Einst üpp’ge Tön‘ entweihten,
In eitlem Kunstgesang. –

So bleibt auch heut der Dichter
Für kühne Größe kalt:
In fremden Formen spricht er,
Und Treibhausblumen pflicht er
Für Kränz‘ im Eichenwald. –

Er hätte nicht geschwiegen,
Den Tells Geschick beseelt;
Der uns in Flammenzügen
Von edler Freiheit Siegen,
Und Alba’s Fall erzählt.

Noch Er, der schön verschlungen
Die Leier mit dem Schwert,
Gestritten und gesungen:
Ein Heldengrab errungen.
Der Schlachten-Sängers wert.

Nur an der Seine Strande
Tönt Lied und Rede kühn.
Im ernst gewordnem Lande,
Wo von der Zeiten Schande
Die Besten scham-erglühn,

So darf ich mich gesellen
Auf kühnem Pfade Dir –
Du zürnst gleich Sturmeswellen,
Aus warmen Tränenquellen
Erblühten Lieder mir. –

O dass sie nicht verklängen,
Die Töne, sonder Spur! –
Braucht’s doch in Felsengängen.
Den harten Stein zu sprengen,
Oft einen Tropfen nur. –


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Textgrundlage: "Zum Besten der unglücklichen Greise,
Witwen und Waisen in Griechenland" ,
Herausgegeben von Amalie von Helweg, geb. Freyin von Imhof,
Berlin, im Mai 1826
in Commission bei Leopold Wilhelm Krause, Adlerstr. Nr. 6
Sammlung: Varia der HAAB Weimar


Logo 285: "Temples of Jupiter Panhellenius", Wilhelm Müllerr,
1829,  gemeinfrei
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