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04.2
Gedichte
- Thekla Lingen
Unrast
Schon
harrst du gesattelt, mein wildes Ross,
Hier
drinnen ist's schwer und schwül!
Hinaus,
hinaus! ... Es schläft mein Genoss
Tiefatmend
auf heißem Pfühl.
Hinaus,
hinaus ohne Zügel und Zaum
Und
ziellos im sausenden Ritt!
Frau
Sehnsucht, die kennet nicht Zeit und
nicht Raum,
Frau
Sehnsucht, sie reitet ja mit!
Hinweg
über Tiefen, durch Schatten der Nacht
Hinüber
zu leuchtenden Höhn,
Dahin,
wo Gottvater am Lebensquell wacht,
Gottvater
ins Auge zu sehn.
Und
weiter und weiter im sausenden Ritt
Mit
Sonnen und Sternen im Spiel!
Frau
Sehnsucht, die Süße, sie reitet ja mit -
Wo
ist ihren Wünschen ein Ziel?
Und
wir irren und suchen, bis Morgenrot
Die
bleichenden Sterne grüßt,
Bis
mir der Schlummer all meine Not
Von
pochender Schläfe küsst.
Ohne
Gott
O
Liebster, könnt' ich dir gehören
Vor
aller Welt so stolz und rein,
Dürft'
ich in Freiheit dir gewähren,
Was
ich dir geb' von meinem Sein.
Was
ich dir geb' an Leib und Seele,
Es
hat ein Anderer daran teil,
Und
dass ich's jenem Andern stehle,
Das
wird uns nimmermehr zum Heil.
Ich
muss der Wahrheit Tempel schänden,
In
dem ich stets gebetet hab',
Und
graben so mit eigenen Händen
Mir
meiner süßen Liebe Grab.
Die
andern Frauen können schreien
Zu
Gott in ihrer höchsten Not -
Ich
kann mir selber nur verzeihen,
Ich
gab mir selber mein Gebot.
Ehe
Sie
haben sich nichts zu sagen,
Sie
sitzen still und stumm
Und
hören die Stunden schlagen,
Die
Langeweil' geht um.
Die
Liebe ist längst gegangen,
Und
auch das Glück ist hin,
Und
hin ist das Verlangen
Mitsamt
dem Jugendsinn.
Missmut
sitzt ihm zur Seite,
Die
Sehnsucht sitzt bei ihr,
Und
traurig alle beide,
Ach,
bis zu Tränen schier.
Keins
bricht das tiefe Schweigen,
Kein
Laut dringt in den Raum,
Nur
schwere Seufzer steigen,
Verstohlen,
hörbar kaum.
Und
die Gewohnheit leise
Schwingt
ihren Zauberstab
Und
zwingt in ihre Kreise
Die
beiden still hinab.
oben
________________________
Textgrundlage: Thekla
Lingen: Am Scheidewege.
Berlin,
Leipzig: Schuster & Loeffler, 1898.
Unrast,
Ohne Gott,
Ehe
wortblume.de
Logo 180: “Zwei
Reiter am Meer” Max Liebermann,
Entstehung nach 1900,
Aufbewahrungsort:
Bremen, Kunsthalle, Kupferstichkabinett – gemeinfrei
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