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04.2
Gedichte
Oskar Loerke
Der Gast von Altheide
aus: Die Abschiedshand
__________
Timur und die Seherin
Timur
Du
giltst für eine große Seherin
Und
tränkst wie eine niedre Magd die Kühe.
Du
bist doch alt; verdrießt dich nicht die Mühe?
Und
kennst du mich, der ich gekommen bin?
Seherin
Die
Wiese blüht, zertritt mir nicht den Klee!
Er
gibt für meine Tiere Leckerbissen.
Du
bist der Timur Lenk. Was willst du wissen?
Timur
Was
meine Macht sei.
Seherin
Die
schmilzt hin wie Schnee.
Timur
Mein
Reich beschließt die Hitze wie das Eis.
Die
Sterne tauchen tags in meine Meere
Und
stehn aus ihnen auf wie meine Heere.
Ist
das für Größe nicht genug Beweis?
Seherin
Beweis
ist mir mein Eimer, der sich füllt.
Beweis
ist mir das Vieh in seiner Blöße.
Es
trinkt und zeigt mir seines Schöpfers Größe,
Daß
es gesättigt ist und keines brüllt.
Timur
Du
kannst dem Monde nicht befehlen: geh!
Seherin
Willst
du den Mond orangengleich erpressen?
Timur
Ich
töte dich, sprichst du mir so vermessen.
Seherin
Das
kannst du tun, doch tritt mir aus dem Klee!
zurück
Ein Neues Lied
Nah
kreist der Geier, bereit,
Den
Schnabel in Menschenhirn zu picken.
Ich
sehe weit, ganz weit,
Meine
Schaukelpferde nicken.
Die
alten Schaukelpferde ruhn,
Spinnweb
in den Mähnen.
Herbeigekommen
ist ja nun
Die
Zeit der täglichen Tränen.
zurück
Orions stolzer
Hund
Ihr
lerntet hurtig, ohne zu erröten,
Die
Sünde rühmen, die zum Himmel steigt.
Und
hurtig lerntet ihr die Unschuld töten,
Wenn
sie den Acker hackt in Schweiß und schweigt.
Bald
kehrt in seinem Grabe sich der Hüne
Vom
Frevel, den ihr treibt zum Zeitvertreib.
Nur
zu! — Die Erde fordert keine Sühne,
Sie
reinigt nur von euch den Sternenleib.
Denn
alle, die vom dürstenden Verbrechen
Und
scharfem Leichengift im Wasserkumm
Als
von
der Grausamkeit der Schöpfung sprechen,
Sind,
eh der Hund Orions anschlägt, stumm.
Er
wird sie niemals beißen,
Läßt
stolz die Zähne gilben,
Er
wird sie nie zerreißen,
Die
kleinen Krätzenmilben.
zurück
Süße des Todes
Erfaßte
uns die Ahnin an der Hand,
Mit
jungen Augen, Lächeln um die Lippe:
«Ja,
dies ist wohl Jasmin, und dies sind Kressen,
Und
hier stehn braune Fohlen an der Krippe —
Es
ist mir alles nah und wohlbekannt
Und
wurde doch so fremd mir unterdessen.
Nehmt
meine Krinolinen, Tand und Schein,
Ich
bleibe nicht bei euch.» — Du willst nicht? — «Nein.»
Und
holte dich der schnellste Läufer ein,
Am
Kopf mit beiden Händen dich zu fassen,
Ihn
auf das Irdische zurückzudrehn —
Du
hast es diese Stunde erst verlassen!
«Es
ist gleich Windspielrudeln fort und Rehn.
Was
wollt ihr noch? Ihr habt mich doch begraben.
Bestehn
ist schwer, doch leicht: bestanden haben.»
So
ist dir, was du liebtest, nichts mehr? — «Nein.»
zurück
Der Berg der Güte
Was
hast du schwaches kleines Weib getragen
Durchs
Hochgebirge, Kranke zu erfrischen,
Der
Armut in den Winkeln aufzutischen! —
Man
wird von dir nicht singen und nicht sagen.
Als
Kind gabst du den Tieren schon das Süße,
Den
Kleinen Milch, daß sie der Herr behüte.
Die
Leute tauften dann als «Berg der Güte»
Den
Steilhang, der dir wundete die Füße.
Vor
keinen Lasten wurdest du verdrossen
Und
sagtest, fandest du ein Brotverlangen
Im
Fiebergrund auf hohlen Kinderwangen,
Du
hättest schon dein Abendmahl genossen.
Du
trachtetest nach Schmuck nicht noch nach Kleide,
Und
Schmuck war dir, den alten Mann im Sessel
Zu
küssen, Schmuck der Tau im Felsenkessel,
Dein
Kleid trug schon das Kuhkalb auf der Weide.
So
lief dein Leben fort durch die Jahrzehnte,
Bis
daß, als ihrer viel vergangen waren,
Dein
Herz sich und dein Kopf in grauen Haaren
Einmal
nach einer Feuerpause sehnte.
Da
bist du selbst den Hang hinabgefallen,
Da
drehte sich die Welt um dich im Schwindel,
Der
Teufel schrie, ein Kindlein in der Windel,
Und
blutig waren beider Hände Ballen.
Da
suchtest du, womit man Wunden reinigt.
Dein
Blut fiel in die Stuben, groß wie Gulden.
Man
wollte sich mit dir nicht lang gedulden.
An
jeder Quelle wurdest du gesteinigt.
Nun
will für dich mehr keine Sonne tagen.
Den
sich
dein Fuß so oft hinabbemühte,
Er
liegt nun hinter dir, der «Berg der Güte».
Man
wird von dir nicht singen und nicht sagen.
zurück
Die beiden Hammel
Wo
alles Schmach ist, gibt es keine
Schmach,
Die
man erschlagen könnte um die Ehre.
Ein
Wollbausch aus dem Vlies ist kein Ertrag:
Den
ganzen Hammel schere eure Schere!
Verklebt
ihr einem Tier das kahle Loch
Des
Fells mit eines andern Tieres Bausche,
So
mangelt es dem zweiten Hammel doch
Am
Büschel,
den man schnitt aus seinem Flausche.
Und
wechselt-ärgert euch der beiden Kleid,
Dann
solltet ihr die beiden lieben schlachten,
Sonst
müßtet ihr für alle Ewigkeit
Im
kalten Haus der Rache übernachten.
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