ERSTER
MAI
Gesang
der Scharen, vom Frühling geschürt, das wiegende Schreiten
gegliederter
Prozessionen,
Schwank
durch die Gartenbäume flammten ihre Farben, heiß und
Irr
in den Lüften taumelten ihre Worte, ihr Haß und ihr Traum
von
zerbrechenden Thronen,
Kühn,
maßlos war der Frühling zum Blühen und war verwintertes
Blut
zu drohendem Atem gereift!
Klirrend
erwachten aus Häuserfenstern verziekelte Bärte,
Kaum
erfühlbar geschüttelt von blaß gerötetem Staunen ihr
Brillenbepanzerte
Professoren blinzelten schreckliche Härte
Und
kauten manierliche Worte, belegt mit Attacken, mit Waffen,
Aber
die Jünglinge, wirr entsprungene Söhne der fenstergehaltenen
Folgten
mit ängstlichem Wundern von ferne den schwer
Und
sie fühlten sich heldisch durchglüht, als sie verstohlene
Fäuste
Leuchtend
von Träumen des Tages, der Barrikaden und Flammen
versprach.
oben
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Textgrundlage: "Wolkenüberflaggt",
Gedichte von Ernst Wilhelm Lotz, Kurt Wolff Verlag,
Leipzig,
1917, gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R, Herbst 1916, als
sechsunddreißigster
Band der Bücher „Der jüngste Tag“, ©1916 by Kurt Wolff Verlag,
Leipzig
Uni-Düsseldorf
Logo 74: "Tracks
at the Saint-Lazare Station", 1877,
Claude Monet, gemeinfrei
wikimedia