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Literatur


04.2

Gedichte

Wolkenüberflaggt - Ernst Wilhelm Lotz

 
Zweiter Teil - IV.  Süden



TORKELTE MIR VOM KOPF DER SCHLAF. . .
 
Torkelte mir vom Kopf der Schlaf,
Stieß ich das Fenster auf in die Nacht,
Kamen die Süchte mit schneidendem Flügelschlagen
Und haben im Niederstürzen mich brandig gemacht.
Daß die Abende dürftiger flammen!
Und die Nächte windig und düster durchbrannt! -
Ehemals in verschlafenen Wasserbuchten
Weiß kamen die Träume und zitterten silbern zum Sand.
Zogen die Vögel in sonnigen Streifen
Unter dem Nachtlicht, nach Norden verweht,
Unsere Glieder tranken das Buchtengrün,
Und die Wälder der Tiefe vermählten uns spät. -
Haben wir uns im Rausche verloren,
Müde verspült vom Wasser, als Schlaf auf uns fiel? -
Meine Gesänge durchhallen die Meere
Und rufen nach Dir, meine Nächte versilberndes Spiel!

oben

DEINE HAARE WAREN MIR SOMMER
UND GARTENGLÜCK
 
Deine Haare waren mir Sommer und Gartenglück,
An die Vorstadt gebaut. Weite und Wehen.
Da fand ich Traum und Körper. Und den Wind,
Der meine frühen Nächte überflammte. -
Nun gleite ich manchmal kühl in Booten,
Mit hartem Hals:
Und ich begreife, daß ich einsam bin.

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Textgrundlage: "Wolkenüberflaggt", Gedichte von Ernst Wilhelm Lotz, Kurt Wolff Verlag,
Leipzig, 1917, gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R, Herbst 1916
, als sechsunddreißigster
Band der Bücher „Der jüngste Tag“, ©1916 by Kurt Wolff Verlag, Leipzig

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