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04.2
Marceline
Desbordes-Valmore
Das
Lebensbild einer Dichterin
Zweiter
Teil: Gedichte

Elegie
Ich
war wohl dein von allem
Anbeginn,
Mein
Leben, kaum bewuß, dir
schon verkettet!
Dein
Name sagte mir’s, der
meinen Sinn
Verwirrend
überfiel, in den
gebettet
Dein
Herz sich barg, das
meine zu verlocken.
Ich
hörte ihn – und er
verführte tief;
Ich
lauschte lange, bebend
und erschrocken:
Da
war’s, daß deine Seele
nach mir rief!
Hast
du’s gewußt, daß du ,
mir unbekannt,
Schon
mein Geliebter warst
für alle Zeiten,
Das
ich ein lang Gefundnes
wiederfand,
Als
du dann kamst, mein
Leben zu begleiten?
Du
sprachst – und unsre
Seelen küßten sich,
Ich
wurde bleich und schlug
die Augen nieder;
Aus
deinen Blicken rief
dein Name mich,
Und
Antwort gab mein Herz:
„Da
ist er wieder!“
Von
neuem nahm sein Zauber
mich gefangen;
Wie
süßes Schicksal klang
er meinem Ohr,
Ich
sprach ihn immer, und
ich sah voll Bangen,
Wie
Glut und Hoffen sich an
ihn verlor.
Ich
las ihn überall, las
ihn im meinen,
Ich
gab ihm Tränen, gab ihm
nie genug;
Oft
wollt es meinem Blick,
geblendet, scheinen.
Als
ob er eine Krone trug.
Ich
schrieb ihn nieder –
doch verlor den Mut
Und
wagte mehr nicht, als
ihn stumm zu lächeln;
Er
trug des Nachts in
meinen Schlaf die Glut,
Und
morgens weckte mich
sein sanftes Fächeln.
Er
lebt in mir, mein
Seufzer schließt ihn ein,
Ich
atme, und sein Hauch durchschwillt
mein Herz:
Geliebter
Name, meine Welt
ist dein,
Wie
ewige Inschrift und wie
Erz in Erz!
Du
gabst mir Leben, und du
wirst im Sterben
Mit
letztem Kuß mein
letztes Sein erwerben.
zurück
Die
Rosen der Saadi
Heut
morgen wollt ich dir
Rosen bringen,
Ich
füllte mit ihnen den
Gürtel zum Springen –
Der
allzu bedrängte, er
könnt sie nicht fassen.
Er
brach auseinander; die
Rosen verflogen
Im
Wind und sind alle zum
Meere gezogen.
Die
Wogen, um die sie mich
wirbelnd verlassen,
Erschäumen
von rötlicher
Glut übergossen,
Mein
Kleid aber hält noch
die Düfte verschlossen . . .
Komm
abends – ich will sie
dich atmen lassen!
zurück
Herbstanfang
Gedenkst
du noch, mein,
Herz, mein armes Leben,
Des
bleichen Herbsttags,
der so traurig schien?
Die
Wälder seufzten und
beklagten ihn,
Der
zögernd nur sein
Lebewohl gegeben.
Die
Vögel sangen keine
Zuversicht –
Ein
kalter Reif bedrängte
ihre Schwingen –
Und
wie sie stumm an kahlen
Ästen hingen,
Ersehnte
man die Blüten und
das Licht.
Ich
war allein, dem lauten
Fest enteilt
Und
deinem Blick, um zur
Vernunft zu finden,
Doch
Schwermut der Natur
ist nichts, das heilt,
Wird
nur mit unsrer
Schwermut sich verbinden.
Ziellos
und hoffnungslos
und ganz versunken,
Mit
langsam scheuen
Schritten ging ich hin:
Nun
schien der Herbsttag
schwül und feuertrunken.
Denn
dein geliebtes Bild
trug ich im Sinn.
Mit
letzter Kraft entfloh
ich deinen Ketten
Und
meinte so, mich vor mir
selbst zu retten.
Mein
Auge aber, das in
Tränen glühte,
Empfand
ein Wirken, das
herübersprühte;
Und
durch den Nebel kam es
auf mich zu,
Ließ
mich in Schreck und
Zärtlichkeit erbeben:
Vom
neuen Sonnenglanz
verklärt, umgeben –
Die
Himmel öffnen sich –
erschienest du!
Ich
wagte nicht zu reden;
tief betört,
Vom
Zauber der Begegnung
heiß benommen,
Vermocht
ich nicht zu
reden, wie verstört,
Daß
deine Seele nun zu mir
gekommen.
Doch
als du meine Hand, mit
deinen Händen
Umspanntest
und ein Schauer
mich durchfloß,
Als
Röte meine Stirne
übergoß –
Mein
Gott! Wie flog mein
Blut in heißen Bränden!
Nichts
mehr von Flucht und
gar nichts mehr von Grauen;
Zum
erstenmal gestandest du
dein Herz.
Mein
eignes Leid verband
sich deinem Schmerz,
Und
meine Seele gab dir ihr
Vertrauen.
Ich
weiß es noch! Weißt du
es noch, mein Leben?
Die
köstlich süße Pein
Der
Worte, dir von
Schwermut eingegeben:
„Ich
leide, doch dies
Leiden muß vom Himmel sein!“
Vom
Walde brach kein andrer
Laut das Schweigen.
Der
Tag war unser Tage
hellstes Glück;
Ob
nah am Schwinden, hielt
er noch zurück.
Und
seine Flucht schien
deine anzuzeigen!
Das
Licht der Welt
beglänzte unsern Frieden,
Doch
eine Wolke schlang
sein Feuer ein –
In
unsern Herzen, ewig
jetzt geschieden.
Blieb
nichts zurück als nur
der Widerschein.
zurück


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