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Literatur

 
 







Gedichte

Ernst Schur

Gedächtnisbuch

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Ich sitze hier im engen Haus

Ich sitze hier im engen Haus 
Und schaue sehnsüchtig hinaus 
Und seh’ die Züge rollen, 
Die in die Ferne wollen. 
  
Sie fahren ohne Rast und Ruh’ 
Tagaus, tagein und immerzu, 
Als gäb’s für diese Gewalten 
Kein Hindernis, kein Halten. 
  
Sie singen eine Melodie 
Von früh bis spät, sie endet nie, 
Und wenn ihr Lied vorüberglitt, 
Singt manche Sehnsucht leise mit. 
  
Sie fahren an stillen Tälern vorbei, 
Die Berge geben die Schluchten frei, 
Funkensprühend sausen sie her, 
Morgen sind sie am blauen Meer. 
  
Sie stürzen vor mit breiter Brust 
Und beben voll verhaltner Lust, 
Sich gleitend hinzuwiegen. 
Fast scheinen sie zu fliegen. 
  
Und wie sie schwebend gleiten, 
Fliegen zu beiden Seiten 
Rauchwolken auf und nieder, 
Ein wallendes Gefieder. 
  
Gefräß’gen Ungeheuern gleich 
Durchmessen sie ihr weites Reich, 
Die Räume zu verschlingen, 
In die sie schnaubend dringen. 
  
Ich aber sitz’ im engen Haus 
Und schaue sehnsüchtig hinaus 
Und höre all die tollen 
Züge vorüberrollen. 


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Hinauf zum Tage

Hinauf zum Tage! Die Rosse dampfen! 
Der Sonnenwagen steht geschirrt. 
Wohlan! Hinauf! Noch ist die Helle 
In Wolkenschleier eingewirrt. 
  
Stürzt an, ihr Rosse, regt die Flügel! 
Umwogt von Blitzen, stürzt empor! 
Flatternd die Mähnen, lose die Zügel 
In Morgendunst, in Wolkenflor. 
  
Sprengt an, ihr Wilden! Donnert, Räder! 
Die Sonne bringt ihr der wartenden Welt. 
Noch ruhen die Nebel, noch wogen die Schleier 
Auf schlafenden Wipfeln, auf träumendem Feld. 
  
Fahrt hin durch die Nebel, vertreibt die Träume, 
Strahlen, brecht blitzend hervor! 
Es lacht die Erde, es singen die Räume, 
Der siegende Morgen steigt empor.

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