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Literatur


04.2




Gedichte

Ernst Schur
Gedächtnisbuch

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Ich sitze hier im engen Haus

Ich sitze hier im engen Haus
Und schaue sehnsüchtig hinaus
Und seh’ die Züge rollen,
Die in die Ferne wollen.
 
Sie fahren ohne Rast und Ruh’
Tagaus, tagein und immerzu,
Als gäb’s für diese Gewalten
Kein Hindernis, kein Halten.
 
Sie singen eine Melodie
Von früh bis spät, sie endet nie,
Und wenn ihr Lied vorüberglitt,
Singt manche Sehnsucht leise mit.
 
Sie fahren an stillen Tälern vorbei,
Die Berge geben die Schluchten frei,
Funkensprühend sausen sie her,
Morgen sind sie am blauen Meer.
 
Sie stürzen vor mit breiter Brust
Und beben voll verhaltner Lust,
Sich gleitend hinzuwiegen.
Fast scheinen sie zu fliegen.
 
Und wie sie schwebend gleiten,
Fliegen zu beiden Seiten
Rauchwolken auf und nieder,
Ein wallendes Gefieder.
 
Gefräß’gen Ungeheuern gleich
Durchmessen sie ihr weites Reich,
Die Räume zu verschlingen,
In die sie schnaubend dringen.
 
Ich aber sitz’ im engen Haus
Und schaue sehnsüchtig hinaus
Und höre all die tollen
Züge vorüberrollen.



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