Der
Herausgeber an Karl Viktor v. Bonstetten
Dir,
mein geliebter Bonstetten, weihe ich
diese Gedichte unserer gemeinschaftlichen Freundin, deren
Zusammenstellung mir
alle diejenigen gewiss danken werden, welche das wütende Geschrei des
Parteigeistes
und betäubende Geräusch der Waffen, noch nicht gänzlich von den
Musen und
ihren menschenfreundlichen Künsten entfernt hat.
Bei
der Auswahl verfuhr ich nach eben den Gesetzen,
wie bei der Herausgabe der Gedichte unsers Salis; d. h.
mit
freundschaftlicher Strenge, und nahm nichts auf, als was mir der
Dichterin
würdig zu sein schien. Der literarische Ruf derer die wir lieben, darf
uns
nicht weniger heilig sein, als ihr guter Name in der sittlichen Welt.
Viele
dieser Lieder werden den Frühling des Jahres
1791, in deine Seele zurückrufen, wo sie im Schoße der Alpen
gesungen
wurden, und wir mit der Verfasserin, an den Ufern des Genfer Sees, den
schönen
Freundschaftsbund schlossen, der bis zum Tode bestehen wird.
Übrigens
weist du, mit allen denen, welche die
Dichterin genauer kennen, dass die Gabe, reizende Lieder zu singen, ihr
kleinstes Verdienst ausmacht, und der Ruhm, dem Staate tätige und edle
Beförderer des Guten erzogen und die Pflichten im häuslichen Kreise mit
gewissenhafter Pünktlichkeit erfüllt zu haben, in ihren Augen das
Höchste; die
Übung der Musenkünste hingegen nichts weiter als Erholung in
Stunden der
Ruhe, wie Musik und Lektüre, und folglich nur sehr wenig ist.
Friedrich
Matthisson, Zürich 1795