Und
doch, sie war noch gar nicht alt,
Ihr
Leib war jung und wohlgestalt.
Ihr
Herz, es hatte warm geschlagen,
Zu
warm vielleicht in früheren Tagen,
Und
in der Zelle, und im Chor,
Trat
eines Mannes Bild ihr vor,
Den
sie geliebt und hassen musste,
Den
sie gehasst und lieben musste.
Der
Pilger kam und neigte sich
Vor
der Hochwürdigen zuchtiglich.
„Sag‘
an, sag‘ an, wo kommst Du her?
Was
bringtst Du mir für neue Mähr?“
„Die
neue Mähr wird Dich nicht freun,
Gott
woll‘ Deiner Seele gnädig sein!“
„So
wirf auf mich Deiner Kunden last!
Ich
habe mein Herz in Gott gefasst.“
„Dein
Bruder, der Abt, starb gestern Nacht,
Der
böse Geist hat ihn umgebracht.“
„O
Bruder, lieber Bruder mein! –
Ach,
Pilgrim, Du machst mir schwere Pein!“
„Dein
Sohn, in Süden von Dir erzeugt,
Flucht
heut‘ der Brust, die ihn gesäugt!“
O
wehe, wehe! Nacht und Graus!
Mein
Ziel ist da – mein Licht löscht aus!“
„Und
all‘ Deine Frevel sind offenbar,
Was
Du gesponnen, ist sonnenklar!“
„Weh,
weh“ Wer bist Du, grauer Wicht,
Aus
dem der Geist der Hölle spricht?!“
„Ich
bin der Wahnsinn mit grünem Kranz!
Komm
süsses Bräutlein, mit mir zum Tanz!“ –
Sie
stöhnt, sie sinkt – er reisst sie empor,
Durch
den Zellengang, durch das Klosterthor
Schleppt
er sie fort mit hast’gem Schritt,
Ob
sie sich sträube – sie muss mit.
Die
Wetterfahnen trillt der Nord,
Die
Pförtnerin schreit Zeter! Mord!
Zu
rauschen scheint mit einemmal
Das
steinerne Laub an dem Portal,
Es
wankt der Thurm, es bebt der Bau;
Verschwunden
ist die hochwürd’ge Frau. –
Dort,
wo des Stromes Woge grollt,
Wo
trüb sich Well‘ über Welle rollt,
Dort
flog sie hin, dort sprang sie vom Strand;
Weit
auf dem Wasser schwamm ihr Gewand.
Und
er, der sie dorthin geführt,
Sah
sie versinken ungerührt.
Am
Stromesufer stand er lange,
Starr‘
in die Fluth, die brausend schwoll,
Als
woll‘ er lauschen dem Gesange
Der
von den Wellen rauschend scholl.
„Das
ist die Zeit –„ so sprach er kalt:
„Die
nie gehemmt vorüberwallt;
Die
sich aus ew’gen Urnen giesst,
Sie
kommt, sie weilt nicht, sie verfliesst.“
„Das
ist das Leben – steter Drang,
Bald
sanfter Schritt, bald Donnergang.
Die
Welle kommt, die Welle flieht,
Und
Keiner weiss, wohin sie zieht.“
„Es
nimmt der Strom bald hier, bald dort,
Ein
Theil vom Lande mit sich fort.
Bald
unterwühlt er’s sanft und sacht,
Bald
reisst er’s los mit wilder Macht.
Ein
Räuber, streng und fürchterlich,
Seh‘
ich hinein – erblick‘ ich – mich.“ –