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Literatur
04.2
Hans Holbeins
Initial-Buchstaben
mit Todtentanh
nach
Hans
Lutzelburger's
Vorwort
zu Hans Holbeins Initial-Buchstaben mit dem Todtentanz
Als
seit Erfindung der Buchdruckerkunst die Gewohnheit, viele Bücher mit
Bildern
der verschiedensten Art zu verzieren oder, wie man jetzt sagt, zu
illustrieren,
von den Handschriften auch auf Druckwerke übertragen wurde, erkannte
man leicht
die überwiegende Zweckmäßigkeit der Holzschneidekunst zu diesem Beruf,
sowohl
hinsichtlich der Bequemlichkeit, den Holzschnitt zwischen dem Text
abzudrucken,
als wegen der großen Anzahl von Abdrücken, welche Holzschnitte bei
guter
Behandlung zulassen. In der Eigenthümlichkeit der Buchdruckerpresse
aber, so
wie in der Natur des Holzschnitts liegt es nicht, Kupferstiche durch
letztern
zu ersetzen. Selbst aus den gelungensten Arbeiten der neuern
Xylographen ergibt
sich, dass der Holzschnitt jene zarten Nuancen, die Abstufung der Töne
vom
tiefsten Schatten bis zum höchsten Licht, wie solche ein guter
Kupferstich
zeigt, nicht darzustellen vermag. Dagegen beweisen die
tüchtigen Leistungen der alten Formschneider
aus jener Blütenzeit mittelalterlicher Kunst, dass im Holzschnitt durch
leichte
Schattenangaben mehr malerische Wirkung erzielt wird, als durch die,
wir
möchten sagen, chalkographisierende Manier vieler neuern
Holzschnitte,
selbst
bei der glänzensten Ausführung und Technik der Letztern. Von Liebhabern
werden
daher jene alten Holzschnitte hoch in Ehren gehalten und manche, darunter aus Dürer’s und Holbein’s Zeit, sind von solchem Kunstwerth und dabei so
selten geworden, dass man sie nur allenfalls noch in fürstlichen oder
sonstigen
reichen Sammlungen zu sehen bekommt.
Zu
diesen Seltenheiten gehört das unter dem Titel des kleinen Holbeinschen
Todtentanzes bekannte Alphabeth in sogenannten „Lettres grises“ mit dem
Todtentanz, wovon vollständige Originalabdrücke jetzt, soviel man mit
Bestimmheit weiss, nur im Dresdner Kupferstichkabinett und in der
Basler
Bibliothek aufbewahrt werden.
So
wenig Kunst-Kenner und Historiker bis jetzt über die Frage sich
vereinigen konnten,
wem die Ehre der xylographischen Ausführung und selbst die der
Erfindung dieses
kleinen Kunstwerks gebühre, so entschieden Stimmen sie doch sämtlich in
der
Anerkennung seiner Vortrefflichkeit überein. Brulliot u. A., gestand,
nichts
Vollendeteres in dieser Kunstgattung zu kennen, und auch der nichts
weniger als
enthusiastische Engländer Douce nennt in seinem bekannten trefflichen
Werke
über den Todtentanz das fragliche Alphabeth „in jeder Hinsicht das
Meisterstück
der alten Formschneidekunst“ und erklärt es für ein eben so schwieriges
als
dankbares Unternehmen, dasselbe in unsrer Zeit glücklich
nachzuschneiden.
Wir
hoffen, es werde der deutschen Kunstwelt nicht unwillkommen sein, diese
Aufgabe
durch einen deutschen Künstler gelöst und eine der vorzüglichsten und
interessantesten xylographischen Leistungen des 16ten Jahrhunderts,
wovon
bisher vollständig nur die erwähnten beiden Exemplare vorlagen und
wovon
einzelne zufällig in den Handel gekommene Buchstaben wohl mit einem
Dukaten das
Stück bezahlt wurden, jetzt in einer mit dem Original identisch zu
nennenden
Kopie um einen geringen Preis jedem Kenner und Kunstfreunde zugänglich
gemacht
zu sehen. Wem daran liegt, zu wissen, wie weit nach dem Urtheile des in
dieser
Sache vielleicht kompetentesten Richters in Deutschland dem Künstler
seine
Arbeit gelungen, den erlauben wir uns auf Direktor Frenzel’s Nachricht
über
dieselbe im Kunstblatt von 1846 S. 111 hinzuweisen.
Um
das Verständnis des Todtentanz-Alphabets einem größeren Kreise zu
eröffnen,
sind den Buchstaben hier kurze Erklärungen in Versen beigegeben, worin
sie
ihrer ursprünglichen Bestimmung gemäß als Initialen verwandt werden.
Dass ein
solcher Aufwand von Kräften, wie er sich in Komposition und Ausführung
dieser
Bilder kund gibt, von Anfang an auch nichts anders als eine gewöhnliche
Bücherverzierung,
wie freilich die meisten derartigen Holzschnitte, bezweckt habe, ist
wohl zu
bezweifeln und vielmehr anzunehmen, dass sie nach der ersten Absicht
des
Zeichners (wie auch der größere Holbein’sche Todtentanz) einem
besonders
sinnverwandten Text als Schmuck dienen sollten. Einen solchen Text nun,
der
entweder in allen Abdrücken verloren ging oder wahrscheinlicher aus
unbekannten
Ursachen gar nicht zu Stande kam, nach Kräften herzustellen, hat sich
der
Erläuterer zur Aufgabe gemacht. Da er mit Rosenkranz in der Idee des
Todtestanzes nur „das Lächeln über den Tod“, die skurrile
Veranschaulichung der
Eitelkeit und Narrheit der Welt erkennt und demnach jede
pathetisch-sentimentale Auffassung jener Vorstellung für einen
trübseligen
Missgriff halten muss, hat er sich bestrebt, den dem Geist der Bilder
allein
entsprechenden Humor, nicht etwas hineinzulegen, sondern nur den darin
liegenden klarer zur Anschauung zu bringen. Das Bestreben, diese
Erläuterungen
fern von der weitläufigen Ausspinnung in gedrängter, möglichst
epigrammatischer
Kürze zusammenzufassen (weshalb auch die dialogische Form hier
unzulässig
schien), hat seinen Grund in der Absicht, den Bildern, welchen die
Verse nur
als untergeordnetes Vehikel dienen sollen, auch äußerlich, so weit es
sich thun
ließ, die Hauptstelle anzuweisen.
Die
aus den Quellen geschöpften historischen Notizen über jene in der
Kunst- und
Sittengeschichte eine so merkwürdige Rolle spielende Idee werden
hoffentlich,
wie auch die, soweit sie hieher gehören, beigefügten Epigramme des
alten
Aemylius, keine unerwünschte Zugabe sein.
Was
die Bestimmung des Reinertrags betrifft, so wünschen und hoffen die
Herausgeber, weit entfernt diesen Zweck als Köder auzuhängen, weiter
nichts,
als dass durch die offene Angabe desselben sich niemand gegen das
Büchlein möge
einnehmen lassen. Fand man doch seiner Zeit gegen den Gedanken
literarischer
Publikationen zum Besten des Kölner Domes nichts einzuwenden. Und
sollte die
bescheidene Beisteuer einer kleinen Planke zum Bau der deutschen
Flotte, der
ersehnten Arche Noa für Deutschlands Selbständigkeit, nicht mindestens
eben so
statthaft sein, wie jene Steine zum babylonischen Thurmbau des damals
mit
allerhöchster Approbation in die Wolken strebenden deutschen
Patriotismus?
Dr.
Adolf Ellissen
oben
_______________________________
Textgrundlage: Hans
Holbeins Initial-Buchstaben mit dem Todtentanz
nach
Hans Lutzelburger’s,Original-Holzschnitten im Dresdner Kabinet.
Zum Ersten Mal Treu Confirt von Heinrich
Loedel mit
Erläuternden Denkversehen
und einer geschichtlichen Abhandlung
über „Die Todtentänze“ von Prof. Dr. O. A.
Ellissen.
Der
Reinertrag ist für die deutsche Kriegsflotte bestimmt.
Göttingen,
im Verlag der Dieterichschen Buchhandlung, 1849
Manul-Neudruck
der Ausgabe vom Jahre 1849, durch Dietrich’sche
Verlagsbuchhandlung, Theodor Weicher, 1911,
Leipzig .
Bild
Initial-Buchstabe: aus dem Buch "Hans Holbeins
Initial-Buchstaben"
Online-Ausgabe-
Universitäts- und
Landesbibliothek, 2011
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Notke, gemeinfrei
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