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Literatur


04.2

Der Todtentanz - oder der
Triumph des Todes
Hans Holbein
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  Dialogus oder Gespräche des Menschen und Todes 2




 

Der Mensch spricht

Erzöl und sag mir, wannenher
Du kommest , oder wölcher herr
Dich außgeschickt doch hab nach mir.



















O Tod, wie bin ich dir so feind,
Weyl sovil grosser Herren seind
Durch dich erwürgt und nammhaft leut
Von Adam biss auff diese zeit,
Der aller du nit hast verschont,
Und sie erschröckenlich belont;
Darumb ich an mir selbs verzag,
So ich nit widerstreben mag.
O lieber Got, wie sol doch ich,
Du grimmer Tod, erleiden dich;
Und weil kain mensch mir helffen kan,
Wen soll ich denn nun rüeffen an?







O Tod, wie hart betruebst du mich,
Weil du so unversehenlich
Mich inn der Jugendt uberfellst,
Dich lenger nit von mir enthellst,
Und lasst mich leben noch ain zeyt,
So ich hab auff das allter weyt.




So wüllest doch berichten mich,
Warumb du also grausamlich
Nun sechest, das an dir allain
Ist weder flaisch noch haut, nur bain,
Und stinckst darzü unleidenlich,
Von würmmen gfressen ellendklich.
Pfuy, pfuy, was anblicks bist du doch,
Du scheußzlichs thier, am letzten noch.







Ach soll ich so vil güt und gellt

Verlassen in der süessen wellt,
Und eingeen in den bittern tod,
Ist mir dann das nit billich laid?














Das ist die Ursach, das man nicht
Den Tod der seel mit augen sicht
So wol, als wenn der leib schaidt ab,
Den trägt man gleich dahin inns grab,
Und täglich sicht man, das on zahl
Die menschen sterben uberal,
Und niemand überbleibt, fert hin,
Nit Tod, das kränckt der menschen sin.



 

Der Tod antwortet:

Das will ich nit verhalten dir:
Dein schöpffer, der allmächtig Got,
Hat dir anfengklich sein gepot
Klar fürgeschrieben, der du dich
Hast sollen underthenigklich
Gebrauchen, weyl den leben gwert;
Weyl aber dein natur verkhert,
Von art kain nütz gewesen ist,
Deßhalb du gar gefallen bist
In alle sünd, so hat Got mich
Auff erd gesandt, zü straffen dich;
Dann du hast auch die schuld ererbt
Von Adam, der die wellt verderbt.
Darumb bezal nur willigklich,
So würdts dess minder bschweren dich,
Dann mainer schuld kumpt niemandt ab,
Zalts mit der haut, und müß inns grab.
Und wa ich ainem übersech,
Dem andern bei im unrecht gschech.



O Mensch, fassz dir ain trosstlichs hertz,

Ich bin nit also grosser schmertz,
Wie mich der thoericht povel acht:
Dann nimm dir für und recht betracht,
Wie dich veründst, und wol verschuldt
Du hast den tod, und trag geduldt.
Ergib dich deinem schöpffer gantz,
So geest mit freud an Todten tantz,
Dann wann von hertzen im vertraust,
All trost und hoffnung auff in baust,
So würdt er sich erbarmen dein,
Inn letzten nöten gnädig sein,
Alsdann du keekh erwarten magst
Deins Ends, darab du jetzund klagst,
So du nit waist, wahin du ferst,
Weil so verrucht dein zeit verzörst.


Ich fall kain unversehens an,
Ich warnen vor schier jederman,
Schickh aim vorher ain kranckheit zü,
Darmit ich in ermanen thü,
Das er ain Mensch und sterblich sey.
Noch will es nit erschiessen bei
Euch menschen, so die wellt nur liebt
Und täglich alles wollusts yebt.



Mich wundert, was du fragtest mich;

Waist du doch selb so wol als ich,
Wann kompt dein Cörper inn die erd,
Was darnach wiederumb drauss werd:
So bald dein flaisch fault und verwisst
Alsdann du mir gleichförmig bist,
Und sichst so greulich als ich bin,
Dasselbig fass dir wol inn sinn.
Wann sich die seel vom leib hinschaidt,
Würdt jedermann wie ich beklaidt,
Und sich desshalb so jämmerlich,
Das man dest mer soll fürchten mich.
Du auch, der fast ab mir außspeibst,
Entrinnst mein netzen nit, du bleibst.

O lieber mensch, ists nit ain gross,
Das nackent jederman und ploss
Kompt inn die wellt, und stirbt auch ab,
Das er liegt wider ploss imm grab,
Und lasst sichs gellt noch fechten an,
Das er nit mit im nehmen kann.
Schaid ab mit unbeschwertem müt,
Lass dich nit kümmern, wem dein güt
Nach deinem abgang wer zü thail;
Betracht darfür der Seelen hail.
Ir armmen leut greiffts unrecht an,
Fürcht mich, der doch nur tödten kann
Den leib, Es ist nichts das er stirbt,
Das aber auch die seel verdirbt,
Ist grosser schad, derselbig wirdt
Von kaim bedacht wie sichs gepürt.


Ach Mensch, du bist dir selb nichts werth,

Hast nit den hailgen Paulum ghert,
Der mein so ernstlich begert,
Das ich sein leib auff erd entbind,
Damit die seel auffaren kind
Zü Christo dem Erlöser sein.
Also dich solltest schicken drein,
So wurd ich dir gantz angenem
Und lustig sein, geb wann ich kem,
Als Christus selber auch bekhennt,
Der mich ain rhü und schlaff hat gnennt.



Ende dieses Dialogi




 
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Textgrundlage und Bilder:  Der Todtentanz oder der Triumph des Todes :
nach den Original-Holzschnitten des Hans Holbein von C. H., gedruckt bei
Robran in Magdeburg, 1836
Online-Ausgabe- Düsseldorf, Universitäts- und Landesbibliothek, 2011

Bild: "Amoureeux", Miranda Adramin, (Der Mensch spricht) CC-BY-SA 3.0
wikimedia.org
Bild "Nederlands Dodendans", 1850, (Der Tod antwortet) gemeinfrei
wikimedia.org
Logo 465: „Dans Macabre“, Bernt Notke, gemeinfrei
wikimedia

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