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Literatur


04.3



Geschichten  - Allgemein



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 Es war einmal ... Ein Sommermärchen

 oder

... Das Ende eines Sommermärchens und wie aus den Prinzen wieder Frösche wurden


In einem fernen Land, viele Tausende von Meilen vom Land der jungen Prinzen entfernt, sollten diese sich mich ganz vielen anderen Prinzen aus vielen anderen Ländern messen in einem Spiel, in dem 22 Prinzen versuchen sollten, einen einzigen Ball in das jeweils andere Tor zu schieben. Wer am häufigsten während eines Spieles, das 90 Minuten dauert, den runden Ball in das eckige Gehäuse hineinschießt, der ist der Gewinner.

Die anderen Prinzen – man nennt sie eine Mannschaft, müssen dann ausscheiden. Bis nur noch vier Mannschaften übrigbleiben, die dann den einen absoluten Sieger unter sich ausmachen. Zwei Gewinner spielen um den ganz großen Titel, die anderen zwei Spielverlierer, dann um den dritten Platz, also um einen kleinen Titel oder das kleine Finale.

Die Welt schaute auf dieses ferne Land, das Südafrika heißt, in dem viel Armut und Leid herrscht, in dem es aber auch großen Reichtum und Bodenschätze gibt. Dort nun wohnten ihre Prinzen in einem superschönen Hotel. ihnen mangelte es an nichts, jeder versuchte ihnen ihre Wünsche von den Augen abzulesen, Belastungen oder schlechte Nachrichten von ihnen fernzuhalten, die Freizeit mit extravaganten Ausflügen zu gestalten, denn sie sollten sich nur auf sich – die Mannschaft – und ihre Aufgabe konzentrieren, möglichst alle anderen Mannschaften zu besiegen.

Und so dachten alle anderen Mannschaften ebenfalls.

Die Spiele begannen, ihre Prinzen trumpften auf, zerlegten die Moral der gegnerischen Mannschaft und gewannen. Wunderbare Spiele wurden den Fans nachfolgend beschert. In der Heimat der Prinzen verfolgten Millionen von Freunden (Fans) das Können, die Moral und die Sachlichkeit in den nachfolgenden Interviews ihrer Helden. Sie waren stolz darauf, was diese jungen Prinzen so leisteten, wie sie sich und das Spiel analysierten, wie sachlich sie ihre Situation darstellen.  Es war die Mannschaft der Herzen ...

Im Heimatland der Prinzen herrschte eitel Sonnenschein (es war heiß, die Sonne brannte und brannte nur so vom Himmel, und die Fans jubelten und die Freude im Lande war riesengroß), die Menschen hatten wieder etwas – sie waren stolz, stolz auf ihre Helden und Prinzen, stolz darauf, wie die Welt plötzlich über ihre Helden und ihr Land sprach. Sie waren stolz darauf, die bösen Schatten der Vergangenheit nicht mehr in Kommentaren anderer Länder zu spüren. Sie ignorierten in diesen Wochen der Spiele, wie viel Leid und Sorgen es ebenfalls hier in ihrem Lande gibt, sie schauten nicht so genau hin während dieser Zeit, was die da "Oben" (ihre Politiker) veranstalteten, welche unsozialen Gesetze sie beschlossen, die ihnen in den nächsten Jahren noch viel Sorgen bereiten werden, all das war nicht so wichtig.

Wichtig war einzig die „Leichtigkeit des Seins“ in Form dieser Spiele.

Nun mussten ihre Prinzen gegen ein Land namens Spanien spielen, um in das Endspiel zu gelangen. Sie wussten alle, es wird nicht leicht werden, diese andere Mannschaft zu schlagen und ins Endspiel einzuziehen, aber ihre Prinzen erklärten, sie würden alles geben, damit sie ins Endspiel kommen. Und sie glaubten ihnen nur zu gern, die winzigen kleinen Zweifel, die hin und wieder auftauchten, wurden weggewischt. Selbst als die Krake Paul weissagte, dass die Spanier gewinnen würden, belächelten sie „Paul die Krake“ dafür. Sie waren sicher, ihre so jungen Prinzen werden das schon richten.

Es war heiß in der Heimat, Tausende und Abertausende Menschen trafen sich in den Städten um auf riesigen Leinwänden das so wichtige Spiel mitzuerleben.

Bald mussten die Fans feststellen, ihnen war zwar heiß, jedoch auf dem Spielfeld im fernen Afrika  ging es nicht heiß her. Der Ball wurde hin- und her, her- und hingeschoben, es wurden Bälle geschossen, die den Gegner, statt den eigenen Spieler erreichten. Mit anderen Worten, ihre Helden und auch die Helden des anderen Landes taten sich schwer, wirkten müde und ängstlich. Ihre  Prinzen spielten nicht so, wie sie es versprochen hatten, sie stürmten nicht, sie hatten die Leichtigkeit des Spiels verloren, sie hatten Angst davor, dieses Spiel zu gewinnen.

Es waren eben noch ganz junge Prinzen

Sie verloren dieses so wichtige Spiel und die Prinzen Spaniens zogen in das so heiß ersehnte Endspiel ein. Kollektives Trauern legte sich über ihr Land, so manche Träne floss, stumpf saßen die Menschen nun da, wo sie vorher gestanden sind und hofften, weinten, und verzweifelt waren. Keine Feier danach, keine Böller knallten, keine Lieder klangen durch die Straßen, keine Autokorso fuhren hupend auf und ab. Alles war vorbei

Doch was machten ihre  Prinzen? Sie bedauerten sich, waren geschockt, verkrochen sich. Dies konnte jeder hier im  Land verstehen. Konnte mitfühlen, wie es den jungen Prinzen erging, und dennoch erwarteten sie, dass diese ein gutes, letztes Spiel spielen würden und so ein letztlich tolles Ergebnis, das kleine Finale , mit nach Hause bringen würden.

So kam es. Die Prinzen verzauberten wiederum nicht nur ihr Land, sie verzauberten viele andere Länder mit der erneuten Leichtigkeit ihres Spiels. Womit sie nicht verzauberten, war die geringe Freude, beim Erzielen eines Tores. Ihre Freude wirkte erfroren und da zeigte sich zum ersten Mal, dass sich die Prinzen veränderten in eine Richtung, die alle nicht mögen. Sie konnten nicht verkraften, dass sie im Spiel gegen die Spanier schlecht gespielt hatten, dass sie nicht alles gegeben hatten und deshalb das Endspiel verpasst hatten.

Die Menschen in der Heimat verstanden, was die jungen Prinzen fühlten, aber dass das kleine Finale kein wirklicher Triumph sein sollte für die Prinzen, das konnte wohl kaum jemand verstehen. Die Interviews der Prinzen waren ohne Freude, ohne Anerkennung ihrer eigenen Leistung beim Gewinn des kleinen Finales. Dort zeigte sich zum ersten Mal so richtig die gekränkte Eitelkeit dieser jungen Prinzen. Konnten sie etwa nicht verlieren? Gab es da außer der so hellen und guten, nach außen dargestellten Seite durch die Prinzen,  eine verborgene dunkle, vorher nicht gezeigte Seite?

Dann kam die Nachricht, die jungen Prinzen wollten sofort – teilweise noch aus dem weiten fernen Land in den Urlaub fahren, wollten also nicht mit ihren Fans Zuhause feiern, wollten nicht ihre super tolle sportliche Leistung feiern, die sie das gesamte Turnier über geleistet hatten, legten keinen Wert darauf, zu erfahren, wie die Menschen Zuhause ihre Leistung beurteilen, verweigerten sich dem Wunsch der Bürger ihres Landes, mit diesen das kleine Finale und die große Leistung der jungen Prinzen zu feiern. 

Es hieß: Sie seien erledigt, müssten bald wieder neue Spiele spielen und neue Leistung bringen, deshalb müssten sie abschalten (hätten sie das nicht gemusst, wenn sie Weltmeister geworden wären?, wären sie da nicht genauso erschöpft gewesen, würde  ihre Arbeit in den einzelnen Vereinen nicht genauso bald beginnen?).

Ihre Fans versuchten, das zu verstehen.

Und dann gab es einige Hundert oder Tausend Fans, die kamen, um ihre Prinzen am Flughafen zu begrüßen, ihnen zu signalisieren „Jungs, ihr seid super!“ Die ganze Nacht harrten sie am Flughafen aus, nur um einen Blick auf ihre Helden zu werfen, ein Wort ihrer Helden zu hören, Helden zu erleben, die erfreut darüber sind, dass ihre Fans sie Willkommen heißen, die sich über ihre Rückkehr freuen, die ihnen zeigen wollen, wie verzaubert sie wieder einmal von ihren Prinzen und deren Leistungen wurden.

Die Prinzen jedoch verließen das Flugzeug, nur das Flughafenpersonal erlebte sie, bevor sie auseinanderliefen. Ein Prinz (Hr. Schweinsteiger) erklärte kurz, dass man nun platt sei, sofort in den Urlaub wolle - man hätte selbstverständlich mit den Fans gefeiert, wenn man den großen Pokal gewonnen hätte, aber so.....

Und plötzlich stand dort kein Prinz mehr, hier hatte sich der Prinz entzaubert und wurde wieder das, was er vorher wohl war, ein großer, arroganter und egoistischer Frosch.

Die Frösche stiegen nunmehr in die bereits wartenden riesigen Autos mit verdunkelten Scheiben, die geschlossen blieben, und fuhren davon, ohne ihre Fans eines Blicks, ein Winken oder eines Grußes zu würdigen

Wo sind ihre Prinzen geblieben, die doch so selbstlos analysierten, die so tapfer alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumten, die dankbar die Zustimmung und die Freude der Fans aus der Ferne annahmen?

Wo aber blieb letztlich der Respekt dieser Prinzen vor den Fans, als sie vergaßen, wer ihre Stadien füllt, wenn sie wieder spielen, wer letztlich ihren Lebensstil finanziert, wo blieb die Achtung vor den Gefühlen dieser Fans, die in der Stunde der Trauer ihrer Prinzen diesen ihre Loyalität zeigen wollten, indem sie ihnen sagen und zeigen wollten:

„Ihr seid unsere Helden, ihr wart super gut, ihr wart gute Verlierer, faire Spieler, einfach nur nette Prinzen, auf die man stolz sein kann und die nun ihren verdienten Urlaub antreten und genießen sollen.“

Wo sind diese Prinzen geblieben, die solch einen kleinen (für die Fans aber großen) Wunsch ohne Anstrengung hätten erfüllen können?

Heimgekommen sind ich bezogene Frösche, die ihre nervigen Fans abbügelten, als wären diese Schuld daran, dass sie ihr Spiel verloren hatten, die es nicht interessierte, dass die Fans ebenfalls Trauer trugen und,  dass diese, ihre Fans dennoch voller Achtung auf die jungen Prinzen schauten, und nun ihren jungen Prinzen ihre guten Gefühle und ein dickes Dankeschön zu Füßen legen wollten.

Und genau diese Verehrung haben die - von Prinzen zu Fröschen mutierten Spieler - nicht sehen wollen, haben sie weggekickt in ihrer verletzten Eitelkeit und ihrem Egoismus und sich aus dem Gebäude geschlichen in großen, schwarzen Limousinen mit Scheiben so undurchdringlich ......

wortlos und unsichtbar verließen die Frösche – die einmal Prinzen und Helden waren - die zutiefst enttäuschten Fans.

Das war das Ende „eines“ Sommermärchens des Jahres 2010 und gleichzeitig war es die Geschichte von Helden oder Prinzen, die wieder zu Fröschen wurden, weil sie ihre Eitelkeiten, Selbstgefälligkeiten und Egoismen nicht ablegen wollten oder konnten – oder waren sie einfach nur unreif oder gar unsportlich?

Und die Moral aus der Geschicht: beiße niemals die Hand, die dich füttert - wenn du klug bist!

©Gisela Rieger


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Textgrundlage"Es war einmal ...
oder Ein Sommermärchen ... ",
©Gisela Rieger, 2010

Logo 132: "Oil on muslin primed with chalk", Paul Klee,
Aufbewahrung: The Solomon R.
Guggenheim Museum, New York, NY, USA, gemeinfrei

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