04.3
Kriminal-Roman
R. Kohlrausch
Das Geheimnis des Wassers
1933
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Das Geheimnis des Wassers
- Drittes Kapitel -
Siemens
hatte mit Berninger
vor der im Wasser gefundenen Leiche gestanden und hatte gesehen, wie
gräßlich
entstellt sie war. Doch auch hier hatte den Rechtsanwalt äußerlich
seine Ruhe
und Fassung nicht verlassen. Daß die Tote nach ihrer Kleidung und ihren
Papieren
seine vermißte Braut sei, hatte Siemens bestätigt und sich dann von dem
Polizeibeamten verabschiedet.
Jetzt
saß er, tief in sich
versunken, in seinem Wohnzimmer. Wort- und bewegungslos, die Stirnhaut
gekraust, hatte Siemens längere Zeit in sich hineingegrübelt. Jetzt kam
eine
Störung von außen. Ein Klopfen meldete Besuch, und gleich darauf sah
Siemens
den Maler Oskar Grothof sich gegenüber.
,Den
schönen Grothof'
nannten ihn die Frauen nicht mit Unrecht. Er war ein blonder, großer
Mann mit
blauen Augen, denen für das Ideal dieses Typus nur die Reinheit fehlte.
Sie
waren zu wissend geworden im reichlichen Genusse des Lebens, und auch
die
glühenden Lippen schienen davon zu sprechen. — Heute war sein Gesicht
bleich,
und ein darüber gebreiteter Schleier sprach gleich der schwarzen
Kleidung von
Trauer. Er begrüßte den Rechtsanwalt, und beide setzten sich und
betrachteten
einander zunächst schweigend. Dann begann der
Maler konventionelle Worte zu sprechen. ,,Zuerst muß ich Ihnen mein
aufrichtiges Beileid ausdrücken bei dem schweren Verlust, der Sie
durch den Tod Ihrer Braut getroffen hat.“
„Vielen
Dank!“ sagte
Siemens, den Kopf neigend, ebenso konventionell.
Wieder
saßen die beiden ein
paar Atemzüge lang einander stumm
gegenüber; dann begann der Maler aufs neue:
,,Unser
beiderseitiges
Geschick ist sich in gewisser Weise sehr ähnlich.“
,,In
gewisser Weise, — ja.“
„Sie haben Ihre Braut
verloren, — das gleiche Schicksal hat
mich betroffen.“
,,Doch
nicht völlig gleich.
Fräulein Haverland gilt bisher nur als vermißt.“
,,Aber
wenn sie noch lebt,
wie ich hoffe, warten auf sie Gefängnis und Schande, sobald man sie
findet. Und
sie muß gefunden werden, wenn ich nicht verzweifeln soll.“
,,Sie
glauben an Fräulein
Haverlands Unschuld?“
„Fester
als an irgendetwas
anderes auf der Welt.“
,,Und
was kann ich für Sie
tun? Ohne bestimmten Zweck sind Sie doch wohl nicht hierher gekommen?“
„Sie
müssen mir helfen, sie
zu finden. Ich bitte Sie, mir alles offen zu sagen, was Ihnen über sie
bekannt
ist. Noch gestern abend, hat man mir auf der Polizei gesagt, soll sie
in Ihr Haus
gegangen sein. Sie war hier, und ich habe nichts davon erfahren. Das
deutet nach meinem bestimmten Gefühl auf eine viel engere Beziehung zu
Ihnen . . ."
Siemens
fiel ihm ins Wort.
,,Sie regen sich unnötig auf, Herr Grothof. Ich kann Ihnen offen sagen,
daß
Ihre Braut mich ein paarmal aufgesucht und wegen einer juristischen
Angelegenheit konsultiert hat.“
„Davon
hat sie mir nie
gesprochen“ fiel Grothof ein.
,,Fräulein
Haverlands Gründe
für ihr Schweigen sind mir unbekannt. Ebenso-wenig weiß ich etwas über
ihr
angebliches Hierherkommen gestern abend. Ich befand mich in der
fraglichen Zeit
in einer Sitzung. Ihre Braut mag hier gewesen sein, ich habe sie nicht
gesehen
und auch keine schriftliche Bot-schaft von ihr vorgefunden. Vielleicht
handelt
es sich übrigens bei dem Zeugnis über ihr
Hiergewesensein auch nur um einen Irrtum.“
Während
er sprach, hatte
sich Grothofs Gesicht mit immer tieferem Rot gefärbt. Jetzt brauste er
los.
,,Sie denken, daß ich Ihnen diese Märchen glaube? Von gestern abend
will ich
noch nicht einmal reden, aber das eine
kann ich nun und nimmermehr
glauben, daß keine sonstigen Beziehungen zwischen Ihnen und meiner
Braut
bestanden haben. Warum sollte sie mit mir von der juristischen
Angelegenheit nicht
auch gesprochen haben? O nein, Sie haben etwas ganz anderes mit ihr zu
bereden gehabt
als das. Über solche Sachen spricht man in juristischen Büros und bei
hellem
Tage, nicht abends im Dunkeln, im Verborgenen. Erinnern Sie sich nicht
mehr
daran, daß ich Sie draußen bei der Villa van Berg einmal mit ihr
abgefaßt habe?
Sie wurden beide verlegen, Sie machten sich rasch davon, Berta
verweigerte mir
jede nähere Auskunft. Sie hat ein Geheimnis vor mir, und Sie sind
Mitwisser
dieses Geheimnisses.“
„Wenn
ich es wäre, so würden
mein Beruf und mein Amt mir Schweigen auferlegen.“
„Ach,
Sie verschanzen sich
hinter Ihren Beruf! Aber ich möchte darauf schwören, daß ein
berufliches
Geheimnis hier nicht in Frage kommt. Ich habe Sie beide beobachtet seit
jener
Zeit, bin Berta heimlich nachgegangen
und habe sie mehr als einmal
hier ins Haus treten sehen. Das deutet auf ein persönlicheres Geheimnis
hin.“
„Ich
glaube, Herr Grothof,
Sie beurteilen mich und Ihre Braut in diesem Punkte zu sehr nach sich
selbst.“
Ein schneidender Ton war jetzt in Siemens' Worten.
„Was
wollen Sie damit
sagen?" Grothof sprang auf und stellte sich in drohender Größe vor
Siemens hin.
„Was
die ganze Stadt von
Ihnen sagt. Ob Sie wirklich, wie man behauptet, ein Liebesverhältnis
mit Frau
van Berg unterhalten haben, kann ich nicht wissen. Aber wo Frau van
Berg in
Gesellschaft, im Theater, in Ausstellungen erschien, waren Sie neben
ihr als ihr getreuer Schatten. Das hat sich seit einigen Monaten etwas
geändert. In der Gesellschaft sieht man darin lediglich eine kluge
Vorsicht;
von meiner Braut aber, die ja mit Fräulein Haverland befreundet war,
weiß ich,
daß anscheinend eine neue Leidenschaft Sie beherrscht.
Anscheinend war auch das junge Mädchen in Sie verliebt —"
„Oh,
Sie martern mich bis
aufs Blut. Sie sprechen von ihr, als ob sie auf immer für mich verloren
wäre.
Und wenn sie mir auch häufig von einem unüberwindlichen Hindernisse
gesprochen hat,
das unsere Verbindung hinderte, niemals habe ich ihr das geglaubt.
Jetzt
gewinnen diese Worte für mich eine fürchterliche Bedeutung. Sie haben
zwischen
ihr und mir gestanden, haben
bestimmenden Einfluß auf sie geübt — "
„
Herr Grothof, Sie
phantasieren!“ Wieder war der schneidende Ton in Siemens' Worten.
„Phantasien
sind es nicht,
wovon ich spreche. Fest bin ich überzeugt, Sie könnten mir sagen, wo
meine
Braut sich aufhält.“
Mit
merkwürdiger
Schnelligkeit verwandelte sich bei diesen Worten der Ausdruck von
Siemens' Gesicht.
„Herr
Grothof, es gibt
Sachen, die man besser niemals erfährt.“
„Jede
Nachricht von ihr wäre
mir Erlösung. Und ich fühle mit voller Bestimmtheit, Sie wissen von
ihr. Sagen
Sie es mir ; ich bitte Sie noch einmal.“
„Ich
kann es nicht!“
„Oh,
jetzt weiß ich, daß
mein Verdacht mich nicht getäuscht hat. Sie haben sie fortgeschafft,
haben den
Mordverdacht gegen sie vielleicht selbst mit ausgedacht, um sie ganz in
Ihre Macht
zu bekommen. Jetzt sind Sie ja frei, — durch einen sehr glücklichen
Zufall sind Sie frei geworden, im richtigen Augenblick."
„Herr
Grothof, nun ist' s
genug!“
„Jawohl,
es ist
genug. Ich weiß, was ich wissen wollte. Und Sie sollen auch wissen, daß
ich
nichts unversucht lassen werde, meine Braut wieder aufzufinden, sie zu
befreien von Ihrem Einfluß.“
Er
stürzte zur Tür
hinaus. Siemens blieb allein. — —
Die
Tage waren
gekommen und gegangen. Ein schwarzer, blumengeschmückter Wagen trug die
verstümmelten Überreste Erna Herterichs nach ihrer letzten Ruhestatt
hinaus. In
der hohen, rundgewölbten Leichenhalle mit ihrem blitzenden
Mosaikschmuck waren viele
Leidtragende versammelt. Alle machten sie den lautlosen Weg zu Siemens
hinüber
und versicherten ihr
Beileid. Er dankte wortlos, nur mit Neigen des Kopfes. Vergeblich
warteten viele
auf einen leidenschaftlichen Verzweiflungsausbruch über das gräßliche
Geschick seiner
Braut. Er aber blieb unbewegt in seiner würdevollen Haltung, die
manchem
erzwungen, manchem herzlos
erschien.
Jetzt
hob er den
Kopf; der Geistliche war an den Sarg herangetreten, er selbst stellte
sich an
dessen Fußende. Näher drängte sich auch der Schwarm der Trauergäste
heran. Und
in ihm begannen Siemens' Augen umherzusuchen. Da waren Klienten und
Studienfreunde von ihm, da waren Verwandte von Erna, da war neben
Unbekannten
auch Dr. Berninger, der ihn schon teilnehmend begrüßt hatte. Jetzt
aber hatte
Siemens das geheimnisvolle Gefühl, daß ein paar Augen
unverwandt auf ihm hafteten. Er empfand sogar die Richtung, aus der
diese Macht
auf ihn wirkte. Sich umwendend, fand er sogleich ihren Ursprungsort, —
er lag in Frau van Bergs
Augen. Und ihm fiel ein, daß man von ihr sagte, der Blick dieser Augen
ziehe
die Männer an mit geheimnisvoller, magnetischer Kraft, er sei
körperlich
fühlbar, und keiner vermöge seinem Zauber zu widerstehen.
Viele
der Anwesenden
hätten ein hartes Urteil über ihn gefällt, wenn sie seine Gedanken
gekannt
hätten. Sie waren in diesem Augenblick bei der Lebendigen und
nicht bei der Toten. Seine Blicke suchten, zergliederten das Antlitz
der
schönen Frau van Berg.
Und
ihn suchten die
fühlbaren Blicke dieser Frau. War der Magnet nicht hier, der sie
sonst angezogen
hatte? Behutsam schaute Siemens noch einmal umher. Nein, Grothof befand
sich
nicht in dem Trauergefolge. War seine Liebe zu Fräulein
Haverland wirklich groß genug, um einen Bruch mit Frau van Berg zu
bewerkstelligen,
der er sonst überall hin gefolgt war; oder hatte der Wortwechsel mit
ihm selbst
ihn ferngehalten? Aber wie dem auch sein mochte, was bedeuteten
die Blicke dieser Frau, deren geheime Kraft er so seltsam fühlte? Es
war heute
noch etwas anderes darin als früher, ein scheuer Ausdruck, der seine
Gedanken stark
beschäftigte.
Jetzt
hatte der
Geistliche geendet. Dann folgte der scharrende Klang rücksichtsloser
Männerfüße,
womit sich die Träger zum Sarge durchdrängten. Da
vernahm Siemens plötzlich nahe zur Seite das Rauschen von
Frauenkleidern, und
er sah neben sich das bleiche Gesicht von Frau van Berg. Gleichzeitig
vernahm
er auch ihre Stimme.
„Lassen
Sie mich
mit Ihnen gehen. Wir gehören ja doch heute zusammen; sie haben die
Braut, ich
habe den Mann verloren.“
Er
fand auch jetzt
nichts anderes als eine stumme Verbeugung zur Antwort, aber sie
schritten
gleich darauf neben einander hinter dem Sarge zur weitgeöffneten Tür.
„Ich
hatte
gedacht, Sie würden in diesen Tagen einmal zu mir kommen. Ich hätte Sie
so gern
gesprochen und Näheres gehört über das Ende meiner Kusine. Ist es
richtig, was in
den Zeitungen stand?“
,,Was
haben Sie da
besonders im Auge?“
„Namentlich
das,
was der Kapitän des Dampfers ausgesagt haben soll. Daß Erna sich spät
am Abend
in einem Boot auf den Fluß hinausgewagt haben soll, klingt doch
unglaublich. Weshalb
sollte sie das getan haben?“
„Es
ist in der Tat
vollkommen unverständlich. In den letzten Tagen sind mir auch schon
Zweifel
gekommen. Es erscheint allerdings richtig nach des Kapitäns Aussage,
daß der Dampfer
ein Boot überfahren hat. Ich frage nur, warum soll es Erna gewesen
sein, die
darin gesessen hat?“
„Aber
dann müßte
sie doch noch leben. Und sie liegt dort im Sarge vor uns.“
Er
schüttelte
langsam den Kopf.
„Wer
weiß, ob es
gerade dieser Dampfer war, der sie getroffen und so furchtbar
entstellt hat?
Vielleicht ist jene Fremde nur aus dem Boote herausgeschleudert
worden, und man
findet ihre Leiche bald unverletzt. Weshalb soll bei dem
Riesenverkehr auf dem Flusse nicht
ein anderer Dampfer die treibende Leiche Ernas so zugerichtet haben?“
,,Aber
Erna, — wie, — wie soll sie hineingekommen sein ins
Wasser?“
„Das
ist ein ungelöstes Rätsel.
Sie kann verunglückt, sie kann ermordet sein.“
„Ermordet?“
„Vielleicht
hat ihre
Gutherzigkeit ihr den Tod gebracht. Sie wissen wohl auch, wieviel Gutes
an
Armen und Kranken sie getan hat.“
„Gewiß,
gewiß! Ja, — warten Sie. Es ist mir, als ob sie kürzlich
noch von einer verarmten Frau gesprochen hätte — da
draußen in der Gegend am Flusse. Ja, ja, ganz recht; sie bat mich noch
um eine
Beihilfe für sie, und ich gab sie gern.“
„An
einen Unglücksfall kann
ich nicht glauben. Erna muß ermordet worden sein.“
„Mein
Gott, weshalb?“
„Weil
der Körper schon tot
in den Fluß gekommen sein muß. Wäre sie lebend hineingeraten, so hätte
sie sich
voraussichtlich retten können. Sie war eine so ausgezeichnete
Schwimmerin.“
Eine
Weile gingen sie nun stumm,
bis Frau van Berg eine neue Frage tat.
„Sie
haben Ernas Leiche
gesehen. Ich war zu feige, sie mir anzusehen. Das Gesicht war fast
unkenntlich,
nicht wahr?“
„Es
war ein furchtbarer
Anblick. Nur nach den Kleidern und nach den Papieren hat man die
Persönlichkeit feststellen können.“
„Wie
war sie gekleidet?“
„Sie
trug ein schwarzes
Tuchkleid. Darüber einen Abendmantel von derselben Farbe. Das alles
hätte noch täuschen können, aber
auf der Brust war das Kleid mit einer Spange
zusammengehalten, auf der die Buchstaben E und H standen, und in einer
Tasche des Mantels fand man Ernas Paß. So
war kein Zweifel an der Identität möglich.“
,.Nein,
da war
kein Zweifel mehr möglich,“ wiederholte Frau van Berg.
Der
Weg zum Grabe
war beendet. Der Geistliche trat ans Grab, sprach noch ein paar Worte
zum
Gedenken der Toten, sprach das Gebet. Nun reichte man Siemens die
Schaufel, um
die drei Schollen Erde hinabzuwerfen; und hier war es, wo zum erstenmal
seine
Ruhe einem tieferen Gefühl zu weichen schien. Ganz leise, nur den
Allernächsten
vernehmlich, murmelten seine Lippen : ,,Armes Geschöpf!“
Als
aber das Grab
sich geschlossen hatte, da war es, als ob er sich verwandelte; seine
gedankenvollen Züge wurden heller. Jetzt fand er auch kurze Worte des
Dankes
für die noch einmal Kondolierenden, doch gelang es ihm rasch, sich
ihnen
auf einem Seitenwege zu entziehen.
Gleich
war auch
Frau van Berg wieder an seiner Seite.
„Gott
sei Dank,
daß das vorüber ist!“ sagte sie mit tiefem Aufatmen. ,.Ich hasse den
Tod, ich
hasse die Gräber, — leben, leben will ich!“
„Unser
Gefühl ist
heute merkwürdig verwandt. Auch mich packt nach all dem Traurigen ein
ungewohnter Lebensdrang. Ich möchte hinter mich werfen und vergessen,
was ich
erlebt habe.“
„Tun
Sie es!
Binden Sie sich nicht an veraltete
Konvention ! Suchen Sie neues Leben und vielleicht auch —"
„Auch
was?“
„Neue
Liebe.“
Wie
leichter Wolkenschatten
zog es für einen Moment über sein Gesicht; aber in seinen Augen brach
gleich
wieder die Sonne hervor, indem er den Kopf seiner Begleiterin zuwandte.
„Das
ist ein schönes,
verheißungsvolles Wort.“
Auch
sie hatte sich ihm
zugewandt, und aus dem bleichen Gesicht im dunklen Rahmen loderten ihre
schwarzen Augen ihn an. Und etwas wie ein Widerschein kam auch in die
seinen,
während sie sagte : „Sie müssen sich bald einmal bei mir sehen
lassen.“
„Ich
werde kommen.“
Sie
gingen eine kleine
Strecke schweigend neben einander.
Nachdenklich
sagte dann
Siemens: „Wäre der Tod nur nicht ein gar so gestrenger Herr. Ich
fürchte, daß
er nicht so bald aufhören wird, in Ihr Leben und in meines
hineinzusprechen.“
„Wie
meinen Sie das?“
„Ich
meine, daß wir von
Geheimnissen umgeben sind, bei denen es sich immer wieder um den Tod
handelt.
Ihr Mann ist an Gift gestorben, und Sie kennen die Mörderin, —
Ihrer Ansicht nach wenigstens. Von der Armen,
die
wir eben begraben haben,
wissen wir das Ende noch nicht und werden weiter danach forschen
müssen. Und ob
nicht auch Fräulein Haverland irgendeinen schrecklichen Tod gefunden h
a t —"
„Sie
glauben an ihren Tod?“
fragte Frau van Berg schnell.
„Ich
glaube nichts, und ich
weiß nichts von ihr. Nur ihr Verschwinden ist feststehende Tatsache.
Die
sorgfältigste Untersuchung hat nichts weiter herausgebracht. Jetzt
forscht man
ja mit besonderem Eifer nach dem Herkunftsorte des Morphiums, weil Ihr
Diener ausgesagt
hat, in dem Fläschchen sei nur noch ganz wenig gewesen, als er es an
dem
Unglückstage beim Aufräumen in der Hand
gehabt habe. Demnach müßte — "
„Mein
Gott, ich habe das
alles ja zehnmal gehört. Fangen Sie nicht auch noch wieder davon an.
Dieser
gräßliche Mensch, der Dr. Berninger, hat mich schon ausgefragt bis aufs
Blut.
Jetzt will ich nichts mehr davon hören. Vom Leben sollen Sie mit mir
sprechen
und nicht vom Tode!“
Sie
waren beim Ausgang
angelangt.
„Ich
darf morgen auf Sie
rechnen?“
„Ich
werde kommen“ gab er
zur Antwort, und als Frau van Berg schon in ihrem Auto saß,
wiederholten seine
Lippen leise: „ Ich werde kommen.“
Während
aber der Wagen schon
den Friedhof hinter sich gelassen hatte, saß die schöne Frau in tiefem
Nachdenken und murmelte vor sich hin: „Du weißt mehr, als du sagst, —
ich muß dich zum Reden bringen.“
oben
weiter
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