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04.3
Japanische
Märchen
by Karl Alberti
Wenn
man mit Kobolden
tanzt
n
alter Zeit lebte einmal ein Landmann, der hatte auf der rechten Wange
eine große Geschwulst, groß wie eine Birne. Als dieser Landmann eines
Tages in
den Wald ging um Reisig zu sammeln, wurde er von einem Gewitter
überrascht und
flüchtete in einen hohlen Baum, wo er Schutz vor dem Regen fand. Als
das
Gewitter endlich aufhörte, war es Nacht geworden und der Landmann
konnte den
Weg nach Hause nicht finden; deshalb blieb er in der Höhlung des Baumes
sitzen
und erwartete den Morgen.
Im
Walde aber war es sehr einsam und schaurig und der
Mann konnte vor Angst und Furcht nicht schlafen. Gegen Mitternacht
hörte er
plötzlich Stimmen und lautes Lachen. Verwundert streckte er den Kopf
hervor und
sah eine Anzahl Kobolde mit den sonderbarsten Gesichtern und in
verschiedener
Gestalt. Diese hatten gerade in der Nähe des Baumes, in dem der
Landmann saß,
Platz genommen und ergötzten sich am Trunk. Als sie genug getrunken
hatten,
begannen sie zu singen und zu tanzen. Der Landmann, der gern tanzte und
ebenso
gern einen guten Trunk Sake[10]
zu
sich genommen hätte, konnte
es in seinem Versteck nicht länger aushalten, denn die Lust der Kobolde
wirkte
auf ihn ansteckend.
Er
kam also hervor und näherte sich den Tanzenden,
die, als sie einen Menschen erblickten, erschraken und forteilen
wollten. Er
rief ihnen aber zu: „Bleibt nur da, ich will euch nur zeigen, wie man
besser
tanzt!“ Und gleich darauf begann er sich lustig im Tanze zu drehen.
Die
Kobolde freuten sich über sein Tanzen und
versuchten es ihm nachzumachen, auch gaben sie ihm zu essen und zu
trinken.
War
das eine Fröhlichkeit! Sie dauerte bis der Morgen
graute.
Da
sprachen die Kobolde: „Du hast uns durch deine
Gesellschaft hocherfreut. Komme doch auch morgen nacht wieder!“
Der
Landmann sagte dies zu; aber die Kobolde wollten
ein Unterpfand haben, daß er auch sicherlich käme. „Weißt du“, sagten
sie zu
ihm, „wir werden zur Sicherheit deine Geschwulst nehmen, du kannst sie
dann
morgen wieder bekommen.“
Damit
griff der Sprecher gleich an die Wange des
Mannes und nahm ihm die Geschwulst fort, ohne daß er einen Schmerz
verspürte.
Hierauf eilten alle lachend fort, ihm zurufend, nicht zu vergessen
wieder zu
kommen.
Der
Landmann befühlte seine Wange, sie war ganz glatt
und hatte keine Spur der Geschwulst mehr, nicht einmal eine Narbe; er
war
darüber außerordentlich froh und nahm sich vor, diesen Platz in Zukunft
zu
meiden und den Kobolden aus dem Wege zu gehen; denn er hatte gar kein
Verlangen
die Geschwulst wieder zu bekommen.
Er
ging also zufrieden nach Hause, wo alle ihn
verwundert anstaunten, daß er seine Geschwulst ohne jede Spur verloren
hatte.
Er erzählte dann, welches Glück ihm die Kobolde für sein Tanzen
bereiteten,
verschwieg aber kluger Weise, daß sie ihm die Geschwulst nur als
Unterpfand für
sein Wiederkommen abgenommen hatten.
Nun
wohnte in dem Dorfe noch ein Landmann mit einer
Geschwulst auf der Wange. Dieser hatte die Geschwulst auf der linken
Seite.
Als
er von dem Glück seines Nachbarn hörte, wollte
auch er seiner Geschwulst los werden und
ließ sich den Platz genau beschreiben, wo der erste Landmann die
Kobolde
getroffen hatte.
In
der Nacht ging er dorthin und traf die Kobolde auch
wirklich an. Er wollte aber erst hören, was sie sagten und versteckte
sich
daher in dieselbe Höhlung, in der in der Nacht vorher der andere
Landmann
gesteckt hatte.
Die
Kobolde aber sprachen nicht viel, sondern schauten
sich von Zeit zu Zeit erwartend um, bis endlich einer sagte: „Unser
Freund von
gestern scheint heute nicht zu kommen!“
Als
dies der Landmann hörte, sprang er tanzend hervor
und rief: „Da bin ich schon!“
Nun
freuten sich alle, gaben ihm zu trinken und
forderten ihn dann auf wieder seine Kunst zu zeigen.
Er
war aber ein ungeschickter Tänzer; auch konnte er
nicht viel Sake vertragen, sodaß sein Tanz noch ungeschickter war und
er steif
und torkelnd umherhopste. Es war den Kobolden kein Vergnügen, dem Manne
zuzuschauen und so riefen sie: „Du bist heute
nicht so geschickt wie gestern und wir haben heute keine Freude an
deiner
Gesellschaft. Mach, daß du fort kommst und laß dich nie wieder bei uns
sehen;
da wir von dir keine Erinnerung wünschen, so hast du hier deine
Geschwulst
wieder!“
Der
eine Kobold zog sie aus der Tasche und warf sie
dem verdutzten Manne ins Gesicht, klitsch — klatsch — saß sie an der
rechten
Wange. Dann stieß man ihn fort und er mußte jetzt mit zwei Geschwülsten
heimkehren. —
Das
kommt davon, wenn man neidischen Sinnes das
gleiche Glück besitzen will, das andere genießen!
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