lifedays-seite

moment in time

 

 
Mein Pappenheim


03.1


Hier möchte ich über die St. Galluskirche berichten, die mich als Kind sehr  beeindruckt und wohl auch geprägt hat.

 


Wenn man aus dem kleinen Gässchen aus Richtung Galluskirche kommend an der Hauptstraße rechts abbog, lag linker Hand  die Ofenfabrik. Ein Stück weiter der Straße nach oben folgend und dann links in die  Bgm.-Ruckwid-Straße  gehend, gleich am Anfang auf der rechten Seite, habe ich gewohnt. Dort hatte man, wenn man durch den hinteren Teil des Hauses  im ersten Stock in den Garten ging, einen wunderbaren Blick über Pappenheim, und natürlich auch über den Friedhof und die Galluskirche, auf dem mir liebe Menschen begraben wurden, als ich sie eigentlich noch so sehr gebraucht hätte.

Wenn ich von der Schule kam, bin ich häufiger in die Galluskirche gegangen, um still vor einem aufgebahrten Toten zu stehen. Ich fürchtete mich sehr und mir war kalt, und dennoch zog es mich immer wieder dorthin, denn schon damals spürte ich die Magie, die solche Gemäuer auf mich ausüben. Die dort vorherrschende Stille hat mich nie wirklich beunruhigt, im Gegenteil, sie gab und gibt mir innere Ruhe und Frieden - was mich beunruhigte und ängstigte war der stets gegenwärtige Tod!

 

Die Galluskirche


 

Ein stiller Zeuge jener Zeit, da das Dorf Pappenheim entstand, die Burg oben emporwuchs, Mauern und Türme sich um die Stadt schlossen, die Tapferkeit der Marschälle und der Fleiß der Bürger den Namen Pappenheim in alle Lande trugen, liegt breit und schwer hinter der alten Friedhofsmauer: die Galluskirche.

Länger als ein Jahrtausend hat sie, eine Burg Gottes, den Stürmen der Welt getrotzt. An ihren Mauern, deren kleine Fenster wie Schießscharten wirken, brachen sich die Wogen des Hasses und des Streits. Hier verstummte das laute, geschäftige Treiben der Welt, dessen Wellen auch in dieses Tal schlugen.

Weder die Fehden der Ritter, noch die Soldatenhorden des Großen Krieges und selbst die amerikanischen Panzer, deren Geschützsalven am 24. April 1945 über sie hinwegheulten, konnten diese Mauern erschüttern.

Wenn wir durch die enge Pforte eintreten, vermeinen wir in den Gewölben einer Burg zu stehen. Fast schmucklos ist dieser Raum. Die Wände sind glatt. Der Stein wurde nicht von Künstlerhand geformt und gestaltet. Weder Säulen noch Ornamente, weder Standbilder noch prunkvolle Gemälde schmücken den Raum. Könnte dieser Blick vom Eingang quer durch die Kirche nicht schon der Blick in ein Kirchenschiff sein, an dessen Ende nur der Altar fehlt? Ist dieses Einfache, diese Klarheit, nicht Symbol für das Geschlecht, das hier lebte, für seine Beständigkeit, seine Größe?   

                

                            

 

Zu "besichtigen" gibt es hier wirklich nichts. Man muss diesen Raum auf sich wirken lassen, dann wird man auch die Ruhe und Geborgenheit spüren, die von ihm ausgeht, von diesen beiden geschwungenen Bogen, von diesem leeren Dunkel, von dieser schlichten Einfalt.

Hier in diesem mittelsten Raum mögen sie niedergekniet sein und demutsvoll ihr Haupt gebeugt haben, schon vor 1200 Jahren: der Franke Germunt, die edle Frau Reginsind, die Mönche von St. Gallen nach ihrer beschwerlichen Reise vom Süden herauf, die Bischöfe von Eichstätt. Hier mögen sie zu Gott gefleht haben, die Marschälle der deutschen Kaiser, um glückliche Heimkehr von ihren Kreuzzügen und Italienfahrten. Und später mögen hier wohl die Bürger und Handwerker der Stadt stumme Zwiesprache gehalten haben mit Gott. Die verängstigten Menschen des 30-jährigen Krieges drängten sich in ihr schutzsuchend vor der wilden Soldateska, während die von der Pest Gezeichneten sich herbeischleppten und niederknieten, dass sie Gnad erlangten.

 


 

Aus alten Dokumenten und aus mancherlei Feststellungen, die man anlässlich der Erneuerung der Kirche im Jahre 1953 machte, kann man vielleicht ein Bild von der Entwicklung dieses Baues gewinnen:

Schon um das Jahr 850 muss die Kirche in einfacherer Gestalt bestanden haben. Ihren Namen erhielt sie in der Zeit, da das Kloster St. Gallen Grundbesitzer war. Laut alten Urkunden wurde sie als "Kirche zu unserer lieben Frau und des heiligen Gallus" genannt und mag daher noch früher gebaut worden sein.

1060 wurde die Kirche erweitert. Nach einer Urkunde aus dem Jahr 1060 wurde die Kirche nach der Veränderung neu geweiht. Wahrscheinlich wurden die Seitenschiffe angebaut, die Wände des Mittelschiffs hochgezogen, damit durch Rundbogenfenster (jetzt zugemauert) genügend Licht in das Hauptschiff fällt.  Damals wurde wohl auch der Turm angebaut und die kleine Apsis vergrößert.

Um 1160 - Pappenheim wurde Stadt, musste die Kirche erneut erweitert werden, da sie nicht mehr reichte. Nach einer Urkunde wurden die Altäre in den Seitenschiffen neu geweiht. Anstelle der kleinen Pforten, die bisher die drei Schiffe miteinander verbanden, mögen jetzt wohl auch die großen Bogen eingebaut worden sein.

Etwa um 1270 entstand das Wandgemälde rechts vom Eingang. Es stellt die Verkündung Mariä durch den Engel Gabriel dar (romanische Malerei).

Um 1380 wurde vermutlich der Turm erhöht, die Seitenschiffe und der Chor wurden nach Osten zu vergrößert. Die Wandleuchter und die Bestuhlung erneuert. Auch das Christusbild (links vom Eingang) ist wohl zu der Zeit entstanden. Es zeigt deutlich gotische Merkmale (gotische Schrift).

Um 1470 dürfte der Chorraum seine endgültige Form erhalten haben. Es entstand der Altar (1470), das Sakramentshäuschen (1486) und das Wandgemälde, das das Jüngste Gericht darstellt. Im Mittelschrein des Altars steht Maria mit dem Kind, umgeben von der hl. Katharina. In der Predella darunter und an den Flügeln wird Christus mit den zwölf Aposteln dargestellt. Die Seitenflügel zeigen Abbildungen aus dem Leben Marias.

Im 16. Jahrhundert wurde das Hauptdach über die Seitenschiffe heruntergezogen.

Im Jahre 1953 wurde allerlei Beiwerk, das im Laufe der letzten Jahrhunderte der Kirche zugefügt worden war, wieder entfernt und das Gotteshaus in seinen wohl ursprünglichen Zustand versetzt.

Heute läutet das Totenglöcklein vom breiten Turm mit dem Satteldach, auf den nach dem 30jährigen Krieg die Glocke der St. Georgskapelle von der Burg hing.

 

 

 oben

____________________________________

Literaturnachweis: "Mittelfränkische Heimatbogen 75 und 76":
Daran erkenne ich meine Pappenheimer, 1. Teil und Teil 2
von Gerd Kretzschmar, erstanden von mir Anfang der
70er Jahre in Pappenheim.
©Druck und Verlag Otto Schnug, Ansbach/Mfr.

Logo: Pappenheim-Gasthausschild, Mai 2011, Urheber Franzfoto,
GNU Lizenz für freie Dokumentation, Vers. 1,2
Quelle: wikimedia

Bild: 1 (klein): Teil aus dem Pappenheim-Gasthausschild

Bild 1, 2, 3, 4 und 5 gefunden unter: http://www.pappenheim.de

   lifedays-seite - moment in time