lifedays-seite

moment in time




 
Literatur


04.w4


Weihnachten - Gedichte




 Epiphaniasfest

Die heiligen drei König' mit ihrem Stern,
sie essen, sie trinken, und bezahlen nicht gern;
sie essen gern, sie trinken gern,
sie essen, trinken und bezahlen nicht gern.

Die heilgen drei König' sind gekommen allhier,
es sind ihrer drei und sind nicht ihrer vier;
und wenn zu dreien der vierte wär,
so wär ein heilger drei König mehr.

Ich erster bin der weiß' und auch der schön',
bei Tage solltet ihr mich erst sehn!
Doch ach, mit allen Spezerein
werd ich sein Tag kein Mädchen mir erfreun.

Ich aber bin der braun' und bin der lang',
bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang.
Ich bringe Gold statt Spezerein,
da werd ich überall willkommen sein.

Ich endlich bin der schwarz' und bin der klein',
und mag auch wohl einmal recht lustig sein.
Ich esse gern ich trinke gern,
ich esse, trinke und bedank mich gern.

Die heilgen drei König' sind wohlgesinnt,
sie suchen die Mutter und das Kind;
der Joseph fromm sitzt auch dabei,
der Ochs und Esel liegen auf der Streu.

Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,
dem Weihrauch sind die Damen hold;
und haben wir Wein von gutem Gewächs,
so trinken wir drei so gut als ihrer sechs.

Da wir nun hier schöne Herrn und Fraun,
aber keine Ochsen und Esel schaun;
so sind wir nicht am rechten Ort
und ziehen unseres Weges weiter fort.

Johann Wolfgang von Goethe


 Weihnachtszeit

Der Tage kürzester, die längste Nacht
Sank auf der Erde Winteröde nieder.
Die Finsternis mit bleiernem Gefieder
Hat ihren Sieg auf Erden nun vollbracht.

Jetzt wendet steigend sich der Sonne Lauf;
Es wächst der Tag gleich einem Kind’ auf Erden.
Gemach wird es nun größer, schöner werden,
Und hold uns wachsen bis zur Ernt’ hinauf.

Doch wie der Tag, so ward uns noch ein Kind
In dieser Zeit der Finsternis geboren,
Den Augen, die das Himmelslicht verloren,
Und die in Nacht des Wahns versunken sind.

Das Christuskind, der Tag, das Licht der Welt,
Zugleich ja ward, so wie des Tages Werde,
Als Licht und Heiland unsrer Sündererde
Von Gott, dem Vater, in die Welt gestellt.

Heil, wer die wunderbare Zeit versteht,
Und mit dem Tag’, der jung den Lauf begonnen,
Nun mit dem Christus zu des Himmels Wonnen
In gleichem Wachstum seines Lichtes geht.

Karl Wilhelm Geisheim


oben






______________________________

Textgrundlage: "Epiphaniasfest", Johann Wolfgang von Goethe
gedichte.xbib

Textgrundlage: „Weihnachtszeit“, Johann Karl Wilhelm Geisheim,
aus: Gedichte, Zweites Bändchen, S. 234, ED: 1839, Verlag:
Josef Max und Komp., EO: Breslau
wikisource.org

Logo 114: "Advent" Fotograf: Daniela Zenth
Das Foto auf dieser Seite, stammt aus der kostenlosen
Bilddatenbank piqs
CC-Lizenz (BY 2.0)

   lifedays-seite - moment in time