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Literatur


04.w6


Weihnachten - Gedichte





 Weihnacht in Ajaccio

Reife Goldorangen fallen sahn wir heute, Myrte blühte,
Eidechs glitt entlang der Mauer, die von Sonne glühte.

Uns zu Häupten neben einem morschen Laube flog ein Falter –
Keine herbe Grenze scheidet Jugend hier und Alter.

Eh’ das welke Blatt verweht ist, wird die Knospe neu geboren –
Eine liebliche Verwirrung, schwebt der Zug der Horen.

Sprich, was träumen deine Blicke? Fehlt ein Winter dir, ein bleicher?
Teures Weib, du bist um einen lichten Frühling reicher!

Liebst du doch die langen Sonnen und die Kraft und Glut der Farben!
Und du sehnst dich nach der Heimat, wo sie längst erstarben?

Horch! Durch paradieseswarme Lüfte tönen Weihnachtsglocken!
Sprich, was träumen deine Blicke? Von den weißen Flocken?

Conrad Ferdinand Meyer


 Weihnachtslied

Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern hernieder lacht;
Ein weihrauchsüßes Harzgedüfte
Durchschwimmt träumerisch die Lüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht.

Mir ist das Herz so froh erschrocken,
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstille Herrlichkeit.

Ein frommer Zauber hält mich wieder
Anbetend, staunend muß ich stehn;
Es sinkt auf meine Augenlider
Ein goldner Kindertraum hernieder,
Ich fühl’s, ein Wunder ist geschehn.

Theodor Storm

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Textgrundlage: "Weihnacht in Ajaccio",
 Conrad Ferdinand Meyer, aus: Gedichte
S. 175, 1. Auflage,  ED: 1882, Verlag von
 H. Haessel, Erscheinungsort: Leipzig
wikisource.org

Textgrundlage: „Weihnachtslied“
Theodor Storm, aus Sommer-Geschichten
und Lieder,
Berlin, Verlag von Alexander Duncker,
Königl. Hofbuchhändler, 1851, Druck von Gustav Schade
in Berlin, Oranienburgerstr. 27.
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Logo 114: "Advent" Fotograf: Daniela Zenth
Das Foto auf dieser Seite, stammt aus der
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