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04.2
Gedichte
Georg Weerth
Das
Nackte
Kalt
bleibt dein Sinn, kalt bleibt dein bestes
Streben,
Du
gleichst dem Wurme, der verlassen wühlt –
Beglückt
nur, wer ein warmes Menschenleben
Mit
seinen beiden Armen einst gefühlt!
An
dessen Herz ein ander Herz geschlagen,
An
dessen Haupt ein ander Haupt gelehnt,
Der
von dem Strom der Liebe fortgetragen
Zum
Meere der Erfüllung sich gesehnt.
Der
Strom der Liebe wiegt auf blauen Wellen
Vorüber
dich an blumenreichem Strand;
Die
Rose grüßt den stürmischen Gesellen,
Ihm
nickt die Rebe von der Felsenwand.
Doch
weiter eilst du, bis gewalt'gen Flusses
Der
Ozean vor deinen Augen blinkt,
Bis
jauchzend im Orkane des Genusses
Dein
Herz vernichtet in die Wogen sinkt.
Das
ist die Taufe, draus ein neues Wesen
Beglückt
entwandelt zu der Sonne Strahl.
Zum
Liebling hat dich die Natur erlesen,
Ein
ganzer Mensch warst du zum ersten Mal.
Der
Augenblick, der Alles dir erschlossen,
Er
ist's, er stempelt dich sofort zum Mann;
Aus
der Umarmung ist dir frisch entsprossen,
Worauf
die Keuschheit tausend Jahre sann!
Der
das Erhabenste zu meißeln dachte,
Dem
weisen Griechen, ihm gelang es nur:
Als
ihm der Nacktheit süßer Zauber lachte,
Die
Fülle der entschleierten Natur.
Und
wie das Bild, dem Marmor losgewunden,
So
strahlt der Meister auch durch alle Zeit,
Der
Göttliches im Menschen nur gefunden
Und
Sitte nur in reiner Sinnlichkeit.
Das
oft geweint mit weinenden Madonnen,
Ein
Auge, das durchflog der Dome Chor:
Es
mag sich freudig auch im Glanze sonnen
Des
Heitern und der Reize frischem Flor.
Was
bei der Nacht geheimnisvoller Feier
Dein
Gott, dein Leben und dein Liebstes war:
Laß
es beseelen Meißel auch und Leier
Und
sich gestalten nackt und frei und klar.
Zum
Schatten wandelt es das beste Leben,
Es
hat den kühnsten Adler schon gelähmt,
Wenn
sich die Kraft in ihrem vollsten Streben
Erzitternd
der Natürlichkeit geschämt.
Wie
die Natur in ihrer ew'gen Schöne,
In
edler Nacktheit schimmert nur allein,
So
mögen ihre Töchter auch und Söhne
Nicht
fürchten, sinnlich, wie sie sind, zu sein.
Textgrundlage:
„Das Nackte“Georg Weerth,
aus
Sämtliche Werke in fünf Bänden. Band 1,
Berlin
1956/57,
gemeinfrei
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______________________________
Textgrundlage: „Das
Nackte“, Georg Weerth,
aus
Sämtliche Werke in fünf Bänden. Band 1,
Berlin
1956/57,
gemeinfrei
zeno.org
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Liverpool 1889
Urheber
Johna Wallace, gemeinfrei
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