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Literatur


04.2



Gedichte - Georg Weerth

Lieder aus Lancashire





 Der Kanonengießer

Die Hügel hingen rings voll Tau;
Die Lerchen haben gesungen.
Da hat geboren die arme Frau,
Geboren den armen Jungen 
Und als er sechzehn Jahre alt,
Da wurden die Arme strammer;
Da stand er in der Werkstatt bald
Mit Schurzfell und mit Hammer.

Da rannt er den Ofen in den Bauch
Mit schweren Eisenstangen,
Dass hell aus Schlacken und aus Rauch
Metallne Bäche sprangen!

Kanonen goss er! manches Stück!
Die brüllten auf allen Meeren;
Die brachten die Franzen in’s Ungelück,
Und mussten Indien verheeren.

Die warfen Kugeln, leidlich schwer,
Den Chinesen in die Rippen;
Die jauchzten Britannien’s Ruhm einher
Mit eisernen Kehlen und Lippen.

Und immer goss der rüst’ge Held
Die blitzenden Geschütze,
Bis ihm das Alter ein Bein gestellt,
Die Fäuste wenig nütze. 
Und als sie versagten den Dienst zuletzt,
Da gab es kein Erbarmen;
Da ward er vor die Tür gesetzt,
Wohl unter die Krüppel und Armen. –

Er ging – die Brust so zornig weh,
Als ob sie der Donner duchgrollte,
Von allen Mörsern, die er je
Hervor aus den Formen rollte.

Doch ruhig sprach er: „Nicht fern ist Das,
Vermaledeite Sünder,
Da gießen wir uns zu eigenem Spaß
Die Vierundzwanzigpfünder.“


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Textgrundlage: "Der Kanonengießer", Untertitel: Lieder aus Lancashire,
Georg Weerth, aus: Vorwärts, Herausgeber, Rudolf Lavant, 1. Auflage, ED: 1886,
Verlag der Volksbuchhandlung in Hottingen, Zürich

wikisource

Logo 131: "
Ur-Welt-Paar", Paul Klee, 1921, Quelle: Stiftung Museum Schloss Moyland/
Sammlung van der Grinten/Joseph Beuys Archiv des Landes Nordrhein-Westfalen
 (Hrsg.): Paul Klee trifft Joseph Beuys. Ein Fetzen Gemeinschaft, Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern 2000,
 
ISBN S. 57
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