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04.2
Gedichte
Georg Weerth
Freund Lenz
Aus
fernen Wolken braust ein dumpfer Ton.
Die
Donner sind es, so der Welt verkünden,
Daß
wieder der Natur geliebter Sohn,
Der
Frühling, wandelt zu der Erde Gründen.
Bei
andern Völkern hat er
lang geweilt,
Da
war’s, daß jüngst die Kunde ihn ereilt,
Wir,
hier im Norden trügen heiß Verlangen,
Aufs
Neu zu schauen seiner Blüthe Prangen.
Er
kommt. Und aus des Südens frohen Thalen,
Wo
träumend er im
Lorbeerwalde lag;
Wo er
zum Fest bei glutgefüllten Schalen
Des
Myrthenhaines vollste Kränze brach;
Wo
mit dem Zephyr er die Wangen kühlte
Und
buhlerisch in schwarzen Locken wühlte –
Fern
aus dem Süden hat er
alle Pracht
Herauf
jetzt in den Norden uns gebracht.
Er
setzt sich lächelnd auf die Hügel hin –
Da
weht ein Duften rings durch Fels und Auen;
Zum
Forste lustig Falk und Taube zieh’n
Und
Knospen röthlich aus
den Gärten schauen.
Der
Bäche Lauf schmückt er mit lichtem Sammt;
Es
blitzt der Thau, hellauf die Sonne flammt –
Und
nieder steigt er von den Hügelthronen
Hinab
zum Thale, wo die Menschen wohnen
Mit
ihrer Lust, mit ihrem
bittern Leid,
Mit
ihren Freuden, ach, und ihren Thränen;
Mit
all dem Ringen, all dem herben Streit;
Mit
all dem Hoffen, all dem stillen Sehnen.
Er
ist’s, der in des Armen Hütte schaut,
Der
zu ihm spricht, wenn
kaum der Morgen graut:
„Getrost,
wie deine Freuden auch zerstieben,
Dir
Armen ist der Lenz noch treu geblieben!“
„Hinaus!
durch meine Blumen sollst du schreiten,
Ich
labe dich mit meiner Wälder Grün;
Durch
Busch und Wiese will
ich dich geleiten
Den
Berg hinan, wo meine Rosen glüh’n.
Ich
zeige dir, wie nieder zu den Flächen
Befreit
die Ströme ihre Bahnen brechen,
Und
wie der Nacht erblüht der Sterne Schein,
Zieh’
ich, der Lenz, in
deine Seele ein!“
„Ich
küsse deiner Kinder müde Stirnen,
Ob
all’ ihr Glanz verloschen und verstaubt;
Ich
will gleich der Lawine von den Firnen
Wälzen
den Gram von ihrer Mutter Haupt.
Und
Feuer menge ich mit
deinem Blute,
Daß
bald die Hand, die nur am Pfluge ruhte,
Zum
Schwerte greift und ringend im Gefecht
Von
Schmach befreit ein unterdrückt Geschlecht!“
oben
oben
______________________________
Textgrundlage:
"Freund
Lenz", Georg Weerth,
aus:
Vorwärts, Herausgeber, Rudolf Lavant,
1. Auflage, ED: 1886, Verlag der
Volksbuchhandlung
in Hottingen, Zürich
wikisource
Logo 505: "Het gieten van ijzer in blokken!,
ca. 1890, Hermann Heyenbrock
Aus
Wikimedia Commons, dem freien Medienarchiv
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