|
|
|
|
|
lifedays-seite
moment
in time
|
|
|
|
|
04.2
Geschichten - John Henry Mackay
Die Menschen
der Ehe
Schilderungen
aus der kleinen Stadt
1912
Quellenangabe
Er
klingelte an der Tür,
von der er glaubte, daß es die richtige sei.
Schrill
hallte der Klang
der Glocke. Dann kamen schlürfende Schritte und ein Diener in Livree,
aber mit
vorgebundener blauer Schürze öffnete. Es war keine Besuchsstunde. Aber
das war
dem Fragenden jetzt natürlich ganz gleichgültig.
- Ist
Frau Böhmer zu Hause?
- Wen
darf ich melden?
- Ist
Frau Böhmer zu Hause?
wiederholte er noch einmal.
- Ja
– aber – ich weiß nicht
– gnädige Frau –
-
Sagen Sie ihr, ein Herr
wünsche sie zu sprechen.
-
Gnädige Frau sind im
Garten. Ich werde ihr melden –
Der
Diener war völlig außer
Fassung und Würde gebracht durch den energischen Ton des Besuchers.
-Dann
werde ich Frau Böhmer
selbst im Garten aufsuchen. Wo ist der Garten?
Der
Diener wagte keine
Einwendungen mehr. Er warf seine Schürze fort und ging voran.
-
Hier, bitte.
Sie
durchschritten hohe und
kühle Gänge, über große Steinfliesen hin, mit denen der Boden belegt
war,
vorbei an breiten und vornehmen alten Treppen, deren Stufen niedrig und
deren
Geländer mit weißer, sauberer Ölfarbe gestrichen waren.
Dann
öffneten sich die Terrassen
der Gärten vor ihnen, die da lagen: still, wie im Schlummer, in der
brütenden
Nachmittagssonne, weite Blicke in das Tal nach Osten und Westen
eröffnend, wo
die Schlote qualmten und das Leben hämmerte.
Von
wohlgepflegten, üppigen
Beeten stiegen die Düfte von reifen Früchten empor. Der Kies der
geharkten Wege
war so fein, daß er die Tritte der Hinschreitenden lautlos aufnahm.
- Ich
habe mich anders
besonnen, sagte der Fremde plötzlich,“ – gehen Sie voran und melden Sie
Frau
Böhmer, ein Herr wünsche sie zu sprechen.
Der
Diener versagte es sich
jetzt nicht, mit den Achseln zu zucken, aber er ging.
Vor
einem Tulpenbeet blieb
Grach zögernd stehen und sah nachdenkend in die purpurnen,
weitgeöffneten
Kelche nieder.
|
lifedays-seite - moment
in time |
|
|
|
|
|
|
|