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04.2
Biografie
Heinrich Lersch
Heinrich Lersch war ein deutscher
Arbeiterdichter und Kesselschmied
Geboren: 12.9.1889
in München-Gladbach, heute Mönchengladbach
Gestorben: 18.6.1936
in Remagen
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Kurzbiografie:
Geboren am 12.9.1889
in München-Gladbach, heute Mönchengladbach. Erlernt
den Beruf seines Vaters - Kesselschmied.
1914 Kriegsteilnahme
1916 nach
Verschüttung dienstuntauglich geschrieben. Im selben Jahr
Kleistpreis, gemeinsam mit Agnes Miegel (der Vertrauensmann ist Karl
Strecker). Übernahme der väterlichen Kesselschmiede,
die er bis 1924
führt - schließlich gezwungen sie aufgrund des
bereits 1907
diagnostizierten Lungenleidens aufzugeben. Unter bescheidenen
finanziellen Ressourcen Aufenthalte in Davos 1926, auf Capri 1926-1928 und 1931 und in
Griechenland 1931
in der vergeblichen Hoffnung sein Lungenleiden dort auszukurieren.
Schriftstellerische
Arbeiten - Gedichte für die Wiener Arbeiterzeitung, Kontakt zu
Alfons Petzold, freundschaftlich verbunden mit Joseph Winkler und Jakob
Kneip - Verbindung damit zu den Werkleuten auf Haus Nyland.
1933 Berufung in die
Preußische Akademie der Wissenschaften,
1935 Rheinischer
Literaturpreis.
Gestorben
am 18.6.1936
in Remagen, beerdigt unter großer Anteilnahme - zur
Beisetzung erschienen 120.000 Trauernde.
Häufig
als "Arbeiterdichter" eingestuft aufgrund einer Spannbreite von
Sozialismus bis Religiosität - vom Nationalsozialismus
vereinnahmt, nachdem er selbst das Regime mit Verklärungen
feierte.
*****
Biografie
Heinrich
Lersch war am 12. September 1889 als ältester Sohn von sieben
Kindern in München-Gladbach (heute Mönchengladbach)
in der Rheinprovinz geboren worden. Schon sein Vater übte den
Beruf des Kessel-, sein Großvater den Beruf des Hufschmieds
aus. Bereits als Kind musste Heinrich Lersch in der
väterlichen Werkstatt mit anpacken. Später arbeitete
Heinrich Lersch als Geselle in der Kesselschmiede seines Vaters. In der
wenigen Freizeit, die er hatte, las er bis spät in die Nacht,
was immer ihm in die Hände fiel, er traf sich mit Freunden,
besuchte mit ihnen Volksbildungsabende und Vorträge, Konzerte
und Museen.
Dann
begab sich Lersch für ein knappes Jahr auf Wanderschaft, "auf
die Walze.
Er
arbeitete in großen Kesselfabriken in Mannheim, Duisburg und
Dortmund; in Hamburg und Antwerpen verdingte er sich im Schiffbau, im
österreichischen Linz und in Wien als Nieter. Zurück
in Gladbach, arbeitete Lersch wieder in der elterlichen Kesselschmiede.
Die Arbeit der Kesselschmiede bestand zu Beginn der 1920er Jahre aus
der Herstellung von Apparaten, Dampfkesseln und anderen
Behältern. Da Heinrich Lersch klein und hager war, wurde er
besonders häufig für Reparatur und Reinigung von
Dampfkesseln herangezogen.
Neben
dieser harten Arbeit schrieb Lersch etwa 1912 seine ersten Gedichte
– meist nachts. Die Verse handelten vor allem von der harten
Arbeit in den Fabrikhallen, aber auch von der Natur und der Liebe. Dank
der Vermittlung eines katholischen Geistlichen sind Lerschs Gedichte
erstmals gedruckt worden. Dadurch ist der junge Autor einem
größeren Kreis Literaturinteressierter, nicht nur in
seiner Vaterstadt, sondern auch in Arbeitervereinen und Gewerkschaften
im deutschsprachigen Raum, bekannt geworden.
Dr.
Carl Sonnenschein, der spätere Großstadtapostel von
Berlin, versammelte um diese Zeit als Leiter des Sekretariats sozialer
Studentenarbeit in Mönchen=Gladbach in einer Schule junger
Männer um sich, die heute zum Teil führend im
politischen Leben und sozialen Geschehen tätig sind. Auch Hein
Lersch gehörte in diesen Kreis, und Sonnenschein hat ihn
besonders geliebt und gefördert. Er veröffentlichte
seine Gedichte, und eines Tages standen wir auf demselben Blatt. Nur
ist das Gedicht von Lersch berühmt und unsterblich geworden
führte er aus:
Soldatenabschied
„Lass
mich geh'n, Mutter, lass mich geh'n!
All
das Weinen kann uns nichts mehr
nützen,
denn
wir geh'n, das Vaterland zu schützen.
Lass
mich geh'n, Mutter, lass mich geh'n.
Deinen
letzten Gruß will ich vom Mund
dir
küssen: Deutschland muss leben,
und
wenn wir sterben müssen!"
Und
weiter: Hein Lersch hat mir zu diesem — leider oft falsch
zitierten und missverstandenen Lied einmal gesagt: ,,Auf
unzähligen Ehrenmälern steht eingemeißelt
der Vers: ,Deutschland muss leben, und wenn wir sterben
müssen. Der Name des Dichters steht nicht dabei, und das ist
mein größter Stolz: Weil der Spruch so aus der Seele
gesprochen ist, dass er zum allgemeinen Volksgut geworden ist, wie ein
Volkslied, von dem keiner den Dichter kennt."
Im
Jahre 1932 kam Hein Lersch mit seiner Familie in den Kreis Ahrweiler
und schlug in Bodendorf an der Ahr nach einem unsteten Wanderleben
seinen endgültigen und letzten Wohnsitz auf. Obwohl er damals
ein berühmter Dichter war, wussten seine neuen Dorfgenossen
mit diesem „Nichtstuer" fürs erste wenig anzufangen.
Um so schöner war unsere Freundschaft.
Aus:
Hundertfach gelebtes Leben, Erinnerung an Heinrich Lersch zu seinem 25.
Todestag von Dr. Josef Keutzberg -
http://www.kreis.aw-online.de/kvar/VT/hjb1961/hjb1961.13.htm
Kreisverwaltung
Ahrweiler
1913
gab es in der Kaiser-Wilhelm-Halle in Gladbach die erste Dichterlesung
mit Heinrich Lersch; im gleichen Jahr erschien beim Verlag des
Volksvereins Lersch‘s erster Gedichtband „Abglanz
des Lebens“. Neben dem Schreiben engagierte sich Heinrich
Lersch in der Arbeiterbewegung. Allerdings war er den christlichen
Gewerkschaften zu rot und den sozialistischen zu katholisch; so
saß er bei seinen Kollegen rasch zwischen zwei
Stühlen.
Als
im Jahr 1914 der 1. Weltkrieg begann, meldete sich Heinrich Lersch
freiwillig als Soldat. In der Nacht vor dem Mobilmachungstag feierten
die Rekruten, die eingezogen wurden, und ihre Familien in der St.
Josef-Kirche im Gladbacher Stadtteil Hermges eine Messe, die auch
Heinrich Lersch und seine Mutter besuchten. Dort schrieb der junge
Dichter den "Soldatenabschied", das Gedicht, das ihn in Deutschland mit
einem Schlag bekannt und berühmt machen sollte. Weil er sonst
kein Papier bei sich hatte, notierte Lersch die Verse auf die leeren
Seiten des Gebetbuchs seiner Mutter. Das Gedicht beginnt mit der Zeile
"Lass mich gehen Mutter, lass mich gehen ...". Die fünf
Strophen enden jeweils mit dem Satz "Deutschland muss leben, und wenn
wir sterben müssen!" Nach zwei Weltkriegen mit Millionen von
Opfern klingt dieses Pathos heute hohl und chauvinistisch; damals
jedoch traf es genau die Stimmung der gesamten Bevölkerung.
Und in den 1920er und 1930er Jahren sollten diese Zeilen in
unzählige Kriegerdenkmale gemeißelt werden.
Lersch,
an der Front in Frankreich eingesetzt, wurde in der Champagneschlacht
verschüttet, konnte aber gerettet werden. Das Lungenleiden,
das er sich zugezogen hatte, wurde anschließend lange Zeit in
Lazaretten in Hadamar und Köln behandelt, bevor Lersch 1916
kriegsuntauglich aus der Armee ausschied. Schwere körperliche
Arbeit konnte er danach nicht mehr leisten; aber er schrieb viel.
Deshalb konnte er seinem Vater und den Brüdern, nachdem im
Frühjahr 1917 die aus Holz gebaute alte Kesselbude seines
Vaters abgebrannt war, vom Erlös des Kleistpreises, mit dem er
1916 - gemeinsam mit Agnes Miegel, sein Vertrauensmann ist Karl
Strecker - ausgezeichnet worden war, eine neue Werkstatt kaufen. Dann
übernimmt Lersch die Kesselschmiede seines Vaters.
Nach
Kriegsende 1918 heiratete Lersch. Seine Schwiegermutter, Paula
Köchlin (geb. Busch), eine wohlhabende Fabrikantentochter,
führte in ihrer Villa einen sogenannten Salon: Die kulturell
sehr interessierte Dame lud Künstler und Intellektuelle in die
Villa ein - darunter den jungen Dichter Heinrich Lersch, den sie sehr
schätzte. Dass der Arbeiter bald eine ihrer Töchter
heiratete, war allerdings nicht vorgesehen. Die elterliche Einwilligung
in diese Heirat mit der nicht einmal 21-jährigen Erika musste
sich Heinrich Lersch schwer erkämpfen. Immerhin erhielt sie
als Mitgift und vorweggenommenes Erbe ein Haus mit Garten. Dort kommen
die Kinder Gerrit (1919), Edgar (1921) und Leni (1930) zur Welt.
Aufgrund
des bereits 1907 diagnostizierten Lungenleidens muss Lersch die
Kesselschmiede 1924 aufgeben. Heinrich Lersch konnte nun schreiben,
wurde bekannt, gehörte zum Kreis der "Werkleute auf Haus
Nyland", einer Gruppe von Dichtern, und freundete sich mit anderen
Künstlern an, unter anderem mit Literaten aus dem
Arbeitermilieu. Einer von ihnen war Max Barthel, der später
auf den Belzenberg nach Bad Breisig zog. In dieser Zeit schrieb Lersch
Gedichte für die "Wiener Arbeiterzeitung", hielt Kontakt zu
Alfons Petzold. Auch war er mit Joseph Winkler und Jakob Kneip
freundschaftlich verbunden.
Seiner
schlechten Gesundheit wegen riet man Lersch zu einem längeren
Aufenthalt im Süden. So hält er sich, in der
Hoffnung, sein Lungenleiden dort auszukurieren und immer unter
bescheidenen finanziellen Verhältnissen 1926 in Davos, 1926
bis 1928 und 1931 auf Capri sowie 1931 in Griechenland auf. Das Haus in
Neuwerk wurde für diese Zeit vermietet. Auf Capri entstand
u.a. das humorvolle und nach wie vor lesenswerte Buch‚ Manni.
Geschichten von meinem Jungen, aufgeschrieben vom Vater, das viel
über das Leben der Familie Lersch in Gladbach und auf Capri
wiedergibt.
Als
die Familie im April 1932 nach Deutschland zurückkehrte, zog
sie nicht nach Gladbach, sondern nach Bodendorf; Heinrich Lersch wollte
nämlich in der Nähe seines Freundes Matthias Leisen
sein, der als Magnetopath in der Burg Bodendorf praktizierte. Von ihm
erhoffte er sich Linderung oder gar Heilung seiner Asthma- und
Magenbeschwerden. Leisen benutzte für seine Untersuchungen und
um homöopathische Medikamente auszuwählen
Wünschelruten aus verschiedenen Hölzern und anderen
Materialien. Diese Methode faszinierte Lersch derart, dass er einen
Roman über den Therapeuten mit dem Titel "Die Ruten Gottes"
schreiben wollte. Über ein Fragment kommt dieses Projekt aber
nicht hinaus.
Zunächst
bezieht die fünfköpfige Familie eine kleine
Mansardenwohnung mit drei Zimmern im Hause Haas (heute
Moselstraße 57). Ein Wohnzimmer gibt es dort nicht; das
Familienleben spielt sich in der kleinen Wohnküche ab.
Heinrich Lerschs Schreibtisch steht, damit er ungestört
arbeiten kann, im Eltern-Schlafzimmer. Dank der günstigen
Bahnverbindung besuchen die beiden Söhne das Gymnasium in
Ahrweiler.
Im
Jahr darauf kamen die Nationalsozialisten an die Macht. Mit einem Male
sah Lersch erfüllt, wofür er bislang
gekämpft, geschrieben und gedichtet hatte: Der Arbeiter war
nun wer. Besonders imponierte ihm die Organisation "Kraft durch Freude"
(KDF); denn sie machte es möglich, dass auch einfache Arbeiter
reisen und Urlaub machen konnten. Lerschs Gedichte von der Arbeit, aber
auch seine Gedichte aus dem Ersten Weltkrieg wurden von den
Nationalsozialisten mit Freuden übernommen.
Von
Bodendorf aus fährt Lersch immer wieder per Bahn zu
Vorlesungsreisen ins gesamte Deutsche Reich. 1935 folgte Lersch einer
Einladung, auf einem KDF-Schiff nach Portugal und weiter bis nach
Madeira mitzufahren und die Gäste mit Lesungen aus seinen
Werken zu unterhalten. Der Dichter aus Bodendorf wurde aber auch
eingeladen, in Betrieben vor Arbeitern zu sprechen und ihnen seine
Gedichte vorzutragen. Am 1. Mai, dem "Tag der Arbeit", las er auf einer
Großkundgebung vor mehreren Hunderttausend Arbeitern auf dem
Tempelhofer Feld in Berlin einige seiner Gedichte vor. Lersch-Texte
wurden in Schulbüchern gedruckt, und er war stolz darauf, in
Schulen und vor der Hitlerjugend sprechen zu dürfen.
Schließlich wurde Lersch ehrenvoll als Mitglied in die
deutsche Dichterakademie berufen.
Heinrich
Lersch "merkte in seinem Überschwang wohl nicht, was der
Nationalsozialismus wirklich war und was die Nationalsozialisten
letztlich wollten", sagte sein Sohn Edgar Lersch im Jahr 2004 bei einem
Vortrag über seinen Vater. Der Arbeiterdichter "beging sogar
die Dummheit, ich muss das bei allem Respekt vor meinem Vater sagen,
Gedichte aus den 20er Jahren umzuschreiben", so Edgar Lersch: "Wir sind
die Soldaten der neuen Armee, die hämmernden Brüder
der Welt ...", hieß es beispielsweise in einem
hoffnungsfrohen Gedicht über die Aufbruchstimmung nach dem
Ersten Weltkrieg, das Lersch nun umformulierte: "Wir sind die Soldaten
der braunen Armee, die Kolonnen der eisernen Zeit ..." Und vor den
Gedichtband "Mit brüderlicher Stimme", für den er den
1935 in Düsseldorf mit dem "Rheinischen Literaturpreis"
ausgezeichnet worden war, schrieb er die Widmung: "Im Sinne des
Führers: Der Gefolgschaft". Heinrich Lersch tritt dem
"Deutschen Jungvolk" bei, einer Unterorganisation der Hitlerjugend, in
der seine beiden Söhne Stamm- und
Fähnleinführer sind, und wird
"Ehren-Jungzugführer".
Nachdem
sich die finanziellen Verhältnisse gebessert haben, zieht die
Familie in der zweiten Jahreshälfte 1933 in eine
Vier-Zimmer-Wohnung in das Haus A. Clever (heute Hauptstraße
17) um; der Neubau ist damals das erste Haus, wenn man aus Richtung
Sinzig nach Bodendorf kommt. Aber Lersch träumt weiter von
einer eigenen Dichterklause. Im Mai 1934 wird dieser Traum
Wirklichkeit. Sechs Wochen lang baut er an diesem Häuschen am
Hohlbrünnchen oberhalb der erst viel später gebauten
Schützenhalle, unterstützt wird er von einem
Zimmermann und einem Maurer. Zum Schluss streicht Lersch sein
einzimmeriges Häuschen bunt und legte davor einen kleinen
Blumengarten an. So entsteht "das schönste
Gartenhäuschen, das je ein Dichter besessen hat", schreibt er
damals in einem Brief, "nur das liebe Vieh kommt hierher",
heißt es darin weiter, "Rehbock und Fasan, Hase und
Häher" und "Rheintal und Westerwald liegen im blauen Dunst.
Sinzig leuchtet von Ferne."
Rasch
lernt "Hein", wie er von seinen Freunden genannt wird, in Bodendorf
Tanzen und Weintrinken, der Städter begeistert sich
für die Kirmes, für Karneval und
Schützenfest. Bei Hochzeiten, Ehejubiläen und
Namenstagen trägt er Festgedichte vor. Mit einer
Büttenrede "Der Nachtwächter von Bodendorf"
verblüfft er sein Publikum mit Kenntnissen über
Stärken und Schwächen der Dorfbewohner. Im Mai 1935
erhält er den Rheinischen Literaturpreis.
Zu
dieser Zeit kommt Lersch aber kaum noch zum Arbeiten an
Büchern oder Gedichten. In Bodendorf arbeitet er zwar an
mehreren Romanen, die aber zum Teil nur im Entwurf und als Fragmente im
Nachlass erhalten sind – so 'Siegfried', eine
expressionistische, schwer verständliche Erzählung
aus dem Leben eines Arbeiters, so "Die Kesselschmiede", ein Roman, an
dem er über viele Jahre hinweg immer wieder arbeitet, der aber
nie fertig wird, und an einem Hörspiel mit dem Titel "Der
Brückenbau", in dem Lersch ausdrücken will, wie
unglaublich stolz die Arbeiter waren, als ihr Werk, die Brücke
über den Rhein, endlich steht. Im Hörstudio des
damaligen "Reichssenders Köln" (heute WDR) fertigte man zwar
einige Sprech- und Geräuschproben an, aber das
Hörspiel wurde nie fertig.
Anfang
Juni 1936 fährt Heinrich Lersch mit dem Fahrrad von Bodendorf
in Richtung Heppingen; ein Auto kommt ihm auf der falschen
Straßenseite entgegen. Um einen Zusammenstoß zu
vermeiden, steuert Lersch in den Straßengraben. Dabei
fällt er aber mit der Brust unglücklich auf den
Lenker und verletzt sich schwer. Sein Körper, durch die lange
und schwere Lungenkrankheit ausgezehrt, hat keine Widerstandskraft
mehr: Als er in den Tagen darauf an einer Lungen- und
Rippenfellentzündung erkrankt, wird er ins Remagener
Krankenhaus eingeliefert. Dort stirbt er, 46 Jahre alt, am 18. Juni
1936 um 0.30 Uhr.
NS-Funktionäre
bis hinauf zum Koblenzer Gauleiter Gustav Simon nehmen Lerschs Tod zum
Anlass für eine Inszenierung: Der Dichter hatte einmal den
Wunsch geäußert, nach seinem Tod in Gladbach
beerdigt zu werden; bevor man den Leichnam dorthin
überführt, wird er aber auf der Kemminghöhe
nördlich der Remagener Rheinpromenade aufgebahrt.
Aufmärsche, gedämpfte Musik, gesenkte Fahnen und
große Reden gibt es dort. Danach wird der Leichnam nach
Gladbach überführt. In der Kesselschmiede bahrt man
den Verstorbenen auf; ehemalige Arbeitskameraden halten Totenwache. Auf
dem Ehrenfeld des Mönchengladbacher Stadtfriedhofs wird Lersch
schließlich beigesetzt. 120.000 Trauergäste wohnen
der Beerdigung bei.
Aber
es gibt NSDAP-Mitglieder, die sich weigern, an diesem
Begräbnis teilzunehmen: Sie hätten den Dichter "einst
hinter einer roten Fahne gesehen", behaupten sie. In der offiziellen
Berichterstattung verschweigen die Nazis auch, dass Lersch mit den
Sterbesakramenten beigesetzt wurde und dass sein Totenzettel "zur
christlichen Erneuerung" aufruft. Und auf einer Ausstellung, die Lersch
Jahre später, bei einem Dichtertreffen am 24. Und 25. Juni
1939 in Bad Neuenahr, gewidmet wird, lassen die Nazis ein Foto
entfernen, das den verstorbenen Dichter mit einem Kruzifix in den
gefalteten Händen zeigt.
Späte
Rehabilitation für Heinrich Lersch
Artikel
in Wir-in-Bad-Bodendorf (14. April 2007)
In
einer im Herbst erscheinenden Studie spricht der Heidelbergerden
Germanist Ralf G. Czapla den Arbeiterdichter Heinrich Lersch
(1889-1936) vom Vorwurf der NS-Gefolgschaft frei.
Lersch
galt bislang als getreuer Gefolgsmann der Nationalsozialisten, da er zu
Beginn der dreißiger Jahre aus wirtschaftlicher Not
Parteiorganisationen beigetreten war und einige seiner
früheren Gedichte im Sinne der NS-Ideologie umgeschrieben
hatte.
Der
Sohn eines Mönchengladbacher Kesselschmieds lebte ab 1932 in
Bad Bodendorf, weil er sich von dem ortsansässigen
Heilpraktiker Matthias Leisen Linderung seines Lungenleidens erhoffte,
das er sich bei der Arbeit in der Kesselschmiede zugezogen und das sich
im Krieg infolge einer Verschüttung verschlimmert hatte.
Czaplas
Studie beruht auf einer intensiven Sichtung der
Lersch-Nachlässe imStadtarchiv Mönchengladbach sowie
im Fritz-Hüser-Institut Dortmund. Er stellt nicht nur Lersch
als überzeugten Katholiken vor, der sich von seiner
anfänglichen Kriegsbegeisterung 1914 rasch distanzierte und
zum Pazifistenwandelte, sondern auch als kritischen Beobachter seiner
Zeit.
Faszinierend
ist in diesem Zusammenhang Czaplas Entdeckung in den Protokollen des
Mönchengladbacher Stadtrats: Als in der Sitzung vom 9. Oktober
1936 darüber verhandelt wurde, ob die Stadt der
bedürftigen Witwe eine Unterstützung
gewähren solle, sprachen sich zwei Ratsherren wegen Lerschs
„gegnerischer Einstellung zum Nationalsozialismus in der
Kampfzeit“ massiv dagegen aus. Nur die Furcht, die Nachwelt
könne sie für „kleine Geister“
halten, hielt sie schließlich davon ab, die Zuwendung zu
verweigern. Bei einem Besuch an der Ahr im Jahre 1935 warnte Lersch den
BibliothekarFritz Hüser, der schon in den 20er Jahren mit dem
Aufbau eines Archivs fürArbeiterliteratur begonnen hatte, vor
allzu heftiger Kritik an den politischen Verhältnissen, da er
anderenfalls ins KZ käme.
Der
43-jährige Literaturwissenschaftler Czapla, der im Raum
Mönchengladbach aufwuchs und seit 2003 an der
Universität Heidelberg lehrt, will seine Forschungen zu
Heinrich Lersch in den kommenden Jahren noch intensivieren. Geplant
sind unter anderem eine Monographie zur Lersch-Verehrung imDritten
Reich sowie eine Ausgabe sämtlicher Werke.
Christiane
Ruth Meister
Wir-in-Bad-Bodendorf
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Kurzbiografie
"Heinrich Lersch" – Quelle
Biografie "Heinrich
Lersch" - Textgrundlage Wiki-AW
Bild: Portrait
Heinrich Lersch
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Urheber: Balumvk, gemeinfrei
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