Jakob
Wassermann war
ein deutsch-jüdischer Schriftsteller.
Er zählte zu den produktivsten und populärsten Erzählern seiner Zeit.
Jakob
Wassermann
geboren:
10.
März 1873 in Fürth
gestorben: 01. Januar 1934 in Altaussee
Leben
Nach
Abschluss der
Königlichen Realschule in Fürth hätte Wassermann wie sein
Vater, ein
erfolgloser jüdischer Spielwarenfabrikant und Gemischtwarenhändler,
Kaufmann
werden sollen, brach aber die 1889
in Wien begonnene Lehre ab, weil er
sich zum
Schreiben berufen fühlte. Nach einjährigem Militärdienst in Würzburg, kurzer
Tätigkeit in einer Versicherung und einer ziellosen Wanderzeit in
Süddeutschland wurde er Sekretär bei Ernst von
Wolzogen und
begegnete
durch dessen Vermittlung 1896
dem Verleger Albert Langen in München, der ihn in
die Redaktion
der Zeitschrift Simplicissimus aufnahm. Bei Langen
veröffentlichte
Wassermann nach seinem Erstling Melusine –
Ein Liebesroman (1896)
weitere Prosaarbeiten,
darunter den Roman Die Juden
von Zirndorf (1897,
Neuausg. 1987), eine Chronik
aus dem 17. Jahrhundert über das Leben des Shabbetaj Zvi, mit
einer anschließenden Beschreibung der jüdischen Gemeinde in der
fränkischen
Kleinstadt im 19. Jahrhundert.
In München,
wo
Wassermann fast drei Jahre wohnte, gewann er die Freundschaft Thomas Manns und Rainer Maria
Rilkes.
Ende 1897 begann er,
Feuilletons und Theaterberichte
für die Frankfurter
Zeitung zu
schreiben, in deren Auftrag er
später nach Wien übersiedelte,
wo er sich den Dichtern
des Jung-Wien anschloss,
besonders Arthur
Schnitzler.
1899 wurde
Wassermann Autor des Berliner Verlags Samuel Fischer,
bei
dem 1901 der Roman "Die
Geschichte der jungen Renate
Fuchs" erschien. Im selben
Jahr heiratete er die exzentrische,
aus wohlhabender Wiener Familie stammende Julie Speyer.
Seit Beginn
seiner
literarischen Tätigkeit verfasste Wassermann parallel journalistische
bzw.
essayistische Texte (unter anderem "Die Kunst der Erzählung", 1904)
und erzählerische Arbeiten,
die aber kaum ein Echo fanden ("Der Moloch", 1902; "Alexander in
Babylon", 1905). Selbst der von der Kritik
positiv aufgenommene Roman "Caspar Hauser oder Die Trägheit des
Herzens" (1908)
verkaufte sich anfangs nur schlecht. Erst kurz vor Ausbruch des Ersten
Weltkriegs, der ihn in tiefe Zweifel stürzte – von der Meldung zum
Militärdienst hielt ihn seine Frau ab –, vollendete Wassermann zum
ersten Mal
einen Roman, der eine hohe Auflage erreichte: "Das
Gänsemännchen" (1915).
Das Werk ist eine Anklage gegen die Philistrosität des Kleinbürgertums, das den Genius
verfolgt und vernichtet.
Nach Kriegsende
kam der zweibändige Roman "Christian Wahnschaffe" (1919,
Neuausg. 1932) heraus, die
Lebensgeschichte eines Großbürgersohns, die Wassermann seiner neuen
Lebensgefährtin Marta Stoss,
geborene Karlweis, widmete. Mit ihr übersiedelte er 1919 nach
Altaussee,
nachdem er seine Frau verlassen hatte, welche die Scheidung durch immer
neue
Prozesse und Geldforderungen bis 1926
hinauszögerte. Ein Echo dieser
unglücklichen Erfahrungen klingt im Roman "Laudin und
die Seinen" (1925) nach. Marta wurde später
Wassermanns zweite Frau und seine erste Biographin. In Altaussee
pflegte er
freundschaftlichen Umgang mit Hugo von
Hofmannsthal.
In den späten 1920er und
frühen 1930er Jahren gewann
Wassermann Weltruhm mit mehreren Romanen, die eine Neigung zum
Sensationellen
aufweisen. Wassermanns Werke, die noch heute in zahlreichen Ausgaben
verbreitet
sind, besitzen ihren Wert auch als Dokumente ihrer Epoche. Von der Psychoanalyse und dem Stil Dostojewskis beeinflusst,
spürte Wassermann subtil den Seelennuancen seiner Figuren nach. Helga
Abret
schreibt hierzu:
„Wassermann,
von Langen entdeckt
und gefördert,
gehörte zu
den erfolgreichsten Romanciers der Wilhelminischen Zeit. Geschickt
verstand er
es, das Interesse des Lesers seiner Zeit an historischen Stoffen oder
an der
skandalumwitterten Gestalt des Caspar Hauser […]
mit einer modernen
psychologischen Erzählweise zu verbinden. Doch liefen ihm jüngere
psychologische Erzähler wie Stefan Zweig schon
zu Lebzeiten formal den Rang
ab. Dass die Versuche, Wassermann nach dem Zweiten Weltkrieg wieder
einer breiteren
Leserschaft zugänglich zu machen, von keinem überzeugenden Erfolg
gekrönt
waren, mag teilweise an seiner exaltiert-hochgestimmten Sprache liegen,
die
heute fremd und oft unecht klingt. Zum anderen ist Wassermann ein
‚moralisierender‘ Autor, für den gesellschaftliche Missstände das
Ergebnis
moralischer Fehlentwicklungen sind.“
In der
Überzeugung, er könne durch Literatur ein neues
Menschentum fördern, kämpfte Wassermann gegen jede Form von Trägheit des Herzens und für den Triumph der
Gerechtigkeit.
Dieses Vorhaben bildet auch den Kern von Wassermanns berühmtesten
Prosawerk "Der Fall
Maurizius" (1928),
in dem der sechzehnjährige Etzel Andergast in jugendlicher
Überschwänglichkeit
einen Justizirrtum aufdeckt, der achtzehn Jahre zuvor begangen wurde.
Irrtümlich
wurde das Werk lange Zeit als Reflex des Falles Hau angesehen. Als lose Fortsetzungen
dieses virtuosen Romans können zwei weitere Werke gelten: "Etzel
Andergast" (1931) und "Joseph
Kerkhovens dritte Existenz" (postum
1934). Theodor Lessing schrieb im Zusammenhang mit dem Fall Halsmann: „Nur
ein einziger, Jakob Wassermann, der das schönste aller
Gerechtigkeitsbücher,
die Geschichte des jungen Etzel schuf, erklärte öffentlich, daß er
nicht rasten
wolle, bis ihm die Rehabilitierung des offenbar verunrechteten Halsmann
geglückt sei.“
Neben den Romanen
schrieb Wassermann erfolgreiche Biographien
(Christoph Columbus, 1929) und
setzte seine Essayistik fort, in der er
sich immer wieder auch mit der Existenzform des Juden in nichtjüdischer
Umgebung befasste ("Mein Weg als Deutscher und Jude", 1921) – zuletzt
noch
in den 1933, dem Jahr seines
Ausschlusses aus der Preußischen
Akademie der Künste,
herausgekommenen Selbstbetrachtungen.
Gleichzeitig mit der Bücherverbrennung 1933
in Deutschland wurden seine Bücher verboten, obwohl
er bis dahin einer der meistgelesenen Autoren gewesen war. Das
bedeutete für
ihn nicht nur den materiellen Ruin, sondern vor allem den Zusammenbruch
seiner
lebenslang gehegten Hoffnungen, durch sein Werk mithelfen zu können,
eine Welt
des Friedens ohne nationale Spannungen und ohne Rassenhass aufzubauen.
Wassermann starb am 1. Januar 1934 im Alter
von 60 Jahren in Altaussee,
verarmt
und psychisch gebrochen. Robert Neumann berichtet in seiner Autobiografie,
dass eine möglicherweise absichtlich falsche Verbindung – Telefonate
mussten
damals noch manuell durchgestellt werden – schuld gewesen sein müsse an
dem
erlittenen Schlaganfall. Wassermann hatte seinen Verleger um einen
dringend
benötigten Vorschuss von 2000 Reichsmark bitten wollen und war durch
die
falschen Auskünfte mehr als niedergeschlagen. Neumann berichtete
darüber hinaus,
dass seine frühe Begegnung mit Wassermann, der ihn als „vollkommen
unbegabt“
abkanzelte, zum Ergreifen des Schriftstellerberufs entscheidend
anstachelte.
Sein Grab befindet
sich auf dem Friedhof Altaussee in
Österreich.
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