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Literatur


04.3


Biografie Walter Rheiner








Geboren:     18. März 1895
Gestorben:  12. Juni 1925
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1911

Abschluss der Oberrealschule.
Kaufmännische Lehre in Köln,
später Lüttich
Erste literarische Arbeiten
 

1914 - 1917

Nach Aufenthalt in London, Soldat.
Beginn der Drogensucht (Kokain)

1917

Übersiedlung nach Berlin,
Verlobung mit Friederike Amalie Olle (1897 - 1980)
Lernt Conrad Felixmüller kennen, der seine Arbeiten illustriert

1918

Heirat. Geburt der Tochter Reneé Beate (gest. 1967)
Übersiedlung nach Dresden
Die Novelle ‘Kokain’ wird veröffentlicht.

1919 - 1923

Beginn der Morphiumsucht
Geburt des Sohnes Johannes Walter Karol (1920)
Arbeitet kurzzeitig bei der Zeitschrift ‘Menschen’
Veröffentlicht in dieser Zeit unter anderem "Der bunte Tag" (Gedichte und Prosa)
Die letzten beiden Jahre verbringt er bei seiner Mutter

1924

Entmündigung und Einweisung in die geschlossene Pfleganstalt in Bonn.

1925

Scheidung
Entlassung aus der Heilanstalt, Rückkehr nach Berlin.
Am 12 Juni stirbt er an einer Überdosis Morphium.


Frühe Jahre

Walter Rheiner wurde am 18. März 1895 in Köln geboren. Dort besucht er auch die städtische 
Realschule. Im Anschluss beginnt er eine Ausbildung als Kaufmann, die er in Lüttich,Paris und London fortsetzt. Als Angestellter ist ihm jedoch wenig Erfolg beschieden. Bereits mit sechzehn Jahren wird er deshalb schriftstellerisch tätig.

Als er 1914 zum Kriegsdienst berufen wird, nimmt Rheiner erstmals Rauschmittel - er gibt damit vor, drogensüchtig zu sein, um der Wehrpflicht zu entgehen. Trotz dieses Umstands wird er eingezogen und mit Beginn des Ersten Weltkrieges an die russische Front beordert. Eine Entziehungskur scheitert, sein Täuschungsversuch kommt 1917 ans Licht, worauf er vom Dienst suspendiert wird und nach Berlin übersiedelt. In diesem Jahr heiratet er auch die Tochter einer armen Jüdin, stößt damit allerdings auf Ablehnung bei seiner Mutter.

Auf dem Höhepunkt des Schaffens

In der Spreestadt wird Rheiner, den stets Geldsorgen plagen, zum literarischen Nomaden und findet zumeist bei Freunden oder in billigen Absteigen einen Unterschlupf. Viel Zeit verbringt er bettelnd im 
Romanischen Café, wo er mit bekannten Autoren wie Däubler, Friedlaender,  Claire und Iwan GollHasencleverLasker-SchülerLoerkeMeidner und Schickele verkehrt. Zum Maler Conrad Felixmüller, der einige seiner Werke illustriert, pflegt er eine besonders enge Freundschaft, für Franz Pfemferts Zeitschrift "Die Aktion" schreibt er einige Artikel.

Zwischen 1918 und 1921 residiert er hauptsächlich in Dresden. Dort schwingt sich Rheiner zu einem der führenden Köpfe der spätexpressionistischen Künstlervereinigung Gruppe 1917 auf. Er arbeitet als Redakteur für die Zeitschrift Menschen und findet im Verleger Heinar Schilling jemanden, der sich bereiterklärt, seine Werke zu publizieren. Innerhalb dieser drei Jahre werden sieben Bücher veröffentlicht.

Verfall und Tod

Aus seinem anfänglich gemäßigten Drogenkonsum entwickelt sich jedoch mehr und mehr eine Sucht nach
 Kokain und Morphinen, die ihm letztendlich zum Verhängnis wird. Er wird entmündigt und zwischenzeitlich sogar in eine geschlossene Anstalt in Bonn eingeliefert. Seine Frau und das gemeinsame Kind, die er längst nicht mehr ernähren kann, verlassen ihn, die künstlerische Schaffenskraft schwindet dahin, drogenabhängig, verarmt und vereinsamt fristet er in seinen letzten Lebensjahren ein unstetes Dasein. Im Bewusstsein seiner Krankheit und des nahenden Endes schreibt er dieses Gedicht, das den Abschluss seines schriftstellerischen Werkes bildet:

„Komm, holder Schnee! Verschütte dies schwere Herz!
Mit deiner Gnade zaubre die Träne starr,
so aus der ewigen Quelle rinnet,
täglich geboren, geliebt noch immer.

O gib, daß mir aus dieser verlorenen Qual,
der bittern, werde das große, das ernste Grab,
darin ich mich zur Ruhe finde:
weinende, liebend erlöste Seele.“

Werk

Rheiners Œuvre setzt sich aus etwa 80 Gedichten, der Novelle Kokain und ein paar Prosaskizzen zusammen. Das Spektrum seiner Lyrik umfasst Themen wie das Großstadtleben, Nacht, Einsamkeit, Entfremdung, Lebensangst und die Errettung durch den Rausch, deren Darstellung zwischen Melancholie und Ekstase oszilliert.

Seine 1918 verfasste Novelle Kokain erlebte als einziges Werk Nachauflagen. In dieser einfühlsamen Studie einer Kokainpsychose beschreibt Rheiner das Elend eines Drogensüchtigen, dessen Leben von Halluzinationen, einem immer stärker werdenden Drang nach Injektionen und der Angst, dass ihn sein Umfeld enttarnt, geprägt ist. Am Ende sieht der Protagonist keinen Ausweg mehr aus seiner Misere und begeht Suizid


Veröffentlichungen
Kokain (Novelle, 1918)
Das tönende Herz (Lyrik, 1918)
Insel der Seligen Ein Abendlied (Lyrik, 1918)
Das schmerzliche Meer (Lyrik, 1918)
Der inbrünstige Musikant (Lyrik, 1918)
Der bunte Tag (Gedichte, Skizzen, Fragmente: 1919)
Das Fo-Buch (Lyrik, 1921)



Novelle: Kokain

Kleine Prosa









oben
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Textgrundlage: Tab. Lebenslauf aus dem Buch „Kokain“, Novelle, Walter Rheiner.
Die Originalausgabe erschien mit sieben Zeichnungen von
Felixmüller im Dresdner Verlag von 1917, Dresden 1918

archive.org 
 

"Leben",  Walter Rheiner, Lizenz
wikipedia.org


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: Editorial cartoon showing Uncle Sam bothered by
Demon Rum and the various monstors of drug addition which follow him.
1919, gemeinfrei
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