Gedichte
- Tagesverlauf
Abend
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Abend wird es
Abend
wird
es und die Schatten schwimmen
In
einander,
riesenhaft und wirr,
Fern’
verhallen uns’rer Führer Stimmen,
Nur
die
Stille athmet neben mir.....
Die
zerklüfteten Ruinen steigen
Düster
in
das öde Grau der Nacht,
Starre
Ruhe,
unbewegtes Schweigen,
Wo
das Leben
froh getollt, gelacht!
O
Pompeji,
auch durch deine Straßen
Fuhr
es
triumphirend einst dahin,
Furchen
hat
es dir zurückgelassen
In
den
Steinen ach! wie mir im Sinn!
Weinend
muß
ich meine Arme breiten,
Und
aufstöhn’ ich leise, qualbewußt –
Schwermuthvollste
du, der Einsamkeiten,
Ach!
du
trauerst auch in meiner Brust!
Marie
Eugenie Delle Grazie
Abend
Rosig
leuchtend, tief befriedend
Tritt
der
Abend zu der Welt;
Holder
Jüngling, der der müden
Sanft
den
Schlummerbecher hält.
Seufzend
streckt sie noch die Glieder,
Und
das Auge
stürzt ihr zu.
Abend,
Gast
aus Himmelsauen,
Wie
erbarmend mild bist du!
Bringst
Erlösung dem Gebundnen,
Und
Erfüllung dem, der glaubt;
Legst
auch
mir der heil’gen Hände
Frommen
Segen auf das Haupt.
Paul
Haller
Abend I
»Nieder
tauchte die Sonn’ und schattiger
wurden die Pfade«,
Dies
las ich
heut, am Abend eines Sommertags
Und
ließ das
alte Buch Homer auf meine Kniee
Hinsinken,
also sinnend: Allen Erdenkindern
Mißt
diese
heitre Sonn’ ihr holdes Maß von Licht,
Ein
Schicksal reifend nach verschwiegenem Gesetze
Vom
Aufgang
bis zum Schatten eines Menschenpfads.
Ich
wuchs in
Zeiten, trüber als die Nacht,
Ein
Jüngling, feind mir selbst und im Gemüt bedrängt,
Nun
endlich
ruft auch mir die liebe Sonne:
Gibst
du,
erhellt, dein eignes Licht dem Lichte wieder? —
Doch
hinter
jedem Strauch im Garten wachsen Schatten,
Was
war mein
Maß an Tag gering! Ihr Götter wägts
Den
Menschen, wollt mir diesen späten Strahl nicht neiden,
Laßt
mir den
Abend, dem der Morgen war geweigert,
Gönnt
mir
den Blick der herbstlich tiefen, klaren Stunden,
Den
letzten
Glanz, den ich mit fleh’nden Augen halte,
Laßt
mir den
Abend, seht, die Pfade dunkeln schon.
Otto
Stoessl
Abendläuten
Abendläuten
– über Tal und Hügel
Schweben
friedlich deine milden Klänge,
Bringen
Tagesruhe und Entlastung,
Labsal
für
die arbeitsmüden Menschen. –
Abendläuten
– aus der weiten Ferne
Holst
du mir
die liebe Heimat wieder,
Mit
der Bank
am braunen Kachelherde,
Und
ich
halte Rast dann wie vor Zeiten. –
Fühle
jung
und stark und froh mich wieder,
Träume
wieder meine Jugendträume –
Und
den
Zauber bringen deine Klänge,
Abendläuten,
geht der Tag zur Rüste. –
Heinrich
Kämpchen
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Textgrundlage:
Abend wird es, Marie Eugenie Delle Grazie
aus:
Italische Vignetten, S. 95, ED: 1892,
Verlag:
Breitkopf und Härtel, EO: Leipzig,
Aus
dem Zyklus „Pompeji, Quelle: Scans auf Commons
wikisource.org
Textgrundlage:
„Abend“, Paul Haller, aus:Gedichte, S. 23
Herausgeber:
Erwin Haller, ED: 1922, EO: Aarau
Verlag:
H. R. Sauerländer & Co., Quelle: Scans auf Commons
wikisource.org
Textgrundlage:
" Abend", Otto Stoessl, aus: Die Fackel
Doppel-Nummer
Nr. 272–273, X. Jahr, S. 39
Herausgeber:
Karl Kraus, ED: 1909, Verlag Fackel, EO: Wien
Austrian
Academy Corpus: AAC-FACKEL und Scans auf commons
wikisource.org
Textgrundlage:
„Abendläuten“, Heinrich Kämpchen
aus:
Was die Ruhr mir sang, S. 58, ED: 1909, Verlag Hansmann & Co.
EO:
Bochum
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402: "Landschaft
in der Abenddämmerung", Vincent Van Gogh,
1883, gemeinfrei
wikimedia
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