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04.08
Gedichte
- Tagesverlauf
Nacht
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Sylvester-Nacht
Das
Dorf ist still, still ist die Nacht,
Die
Mutter schläft, die Tochter wacht,
Sie
deckt den Tisch, sie deckt für zwei,
Und
sehnt die Mitternacht herbei.
Wem
gilt die Unruh? wem die Hast?
Wer
ist der mitternächtge Gast?
Ob
ihr sie fragt, sie kennt ihn nicht,
Sie
weiß nur, was die Sage spricht.
Die
spricht: wenn wo ein Mädchen wacht
Um
zwölf in der Sylvesternacht,
Und
wenn sie deckt den Tisch für zwei,
Gewahrt
sie, wer ihr Künftger sei.
Und
hätt’ ihn nie gesehn die Maid,
Und
wär’ er hundert Meilen weit,
Er
tritt herein und schickt sich an,
Und
ißt und trinkt, und scheidet dann. –
Zwölf
schlägt die Uhr, sie horcht erschreckt,
Sie
wollt’ ihr Tisch wär’ ungedeckt,
Es
überfällt sie Angst und Graun,
Sie
will den Bräutigam nicht schaun.
Fort
setzt der Zeiger seinen Lauf, –
Niemand
tritt ein, – sie athmet auf, –
Sie
starrt nicht länger auf die Thür, –
Herr
Gott, da sitzt er neben ihr.
Sein
Aug’ ist glüh, blaß sein Gesicht,
Sie
sah ihn all’ ihr Lebtag nicht,
Er
blitzt sie an, und schenket ein
Und
spricht: „heut Nacht noch bist du mein.
Ich
bin ein stürmischer Gesell,
Ich
wähle rasch, und freie schnell,
Ich
bin der Bräutgam, Du die Braut,
Und
bin der Priester, der uns traut.“
Er
fasst sie um, – ein einzger Schrei;
Die
Mutter hört’s, sie kommt herbei;
Zu
spät, – verschüttet liegt der Wein, –
Todt
ist die Tochter, und – allein.
Theodor
Fontane
oben
_________________________
Textgrundlage:
„Sylvester-Nacht“, Theodor
Fontane, aus: Gedichte,
S. 128–130, 1. Auflage, ED: 1851, Carl Reimarus‘ Verlag W. Ernst,
EO: Berlin
wikisource.org
Logo 325: „Abendstimmung“,
nons 77, S. 15, aus der kostenlosen
Bilddatenbank piqs.de , Lizenz: CC-Lizenz (BY 2.0)
piqs.de
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