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Literatur


04.2


Literarische Epochen

Verzeichnis der literarischen Epochen
Expressionismus




Expressionismus (Literatur)

Der Begriff Expressionismus wird aus den beiden lateinischen Wörtern „ex“ und „premere“ zusammengesetzt, die zunächst „ausdrücken“ bedeuten. Wenn man daher vom Expressionismus spricht, meint man eine „Ausdruckskunst“. Es werden also innerlich gesehene Wahrheiten und Erlebnisse dargestellt, nicht die Lichtreize, wie sie auf das Auge fallen.

Als Begriff wurde der Expressionismus 1911 von Kurt Hiller geprägt, der damit die Epoche von etwa 1905 bis etwa 1925 beschreibt, obwohl auch nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutende Werke entstanden sind, die inhaltlich dem Expressionismus zuzuordnen sind. Die Epoche ist geprägt vom antibürgerlichen und antinationalistischen Denken vieler Intellektueller in der wilhelminischen Zeit und wendet sich stark subjektiven, existentiellen und gesellschaftsrelevanten Themen zu. Beispiele dafür sind politische Repressionen, die Großstadtproblematik während der sich noch entwickelnden Industrialisierung, gesellschaftliche Machtmechanismen (familiäres und gesellschaftliches Patriarchat, sexuelle Besessenheit).

Stilistisch sind expressionistische Schriften vielfältig, deshalb ist der Expressionismus als Epochenbegriff umstritten. Teilweise werden einige Werke von Heinrich Mann, Franz Kafka oder Arnolt Bronnen dem Expressionismus zugerechnet, obwohl gerade Kafka ein Kritiker der Bewegung war.Es bleibt aber als verbindendes Element ein ausgesprochenes „Wir-Gefühl“ in einem meist sozialkritischen Kontext.

Hintergrund

Expressionistische Autoren lehnen sich auf gegen eine „Enthumanisierung“ durch die Industrialisierung und warnen vor einer Gesellschaft, die keine Rücksicht und Moral besitzt. Sie fühlen sich von der Anonymität der Großstadt und von Maschinen, die durch die sprunghaft wachsende Industrie allgegenwärtig sind sowie durch die diktatorische Autorität der Großunternehmer bedroht und selbst zur Maschine degradiert. Dazu kommen die verstärkte Militarisierung und die turbulente Außenpolitik nach dem Ersten Weltkrieg sowie dem Vertrag von Versailles (1919) mit immensen Forderungen an die Weimarer Republik, den damit verbundenen wirtschaftlichen Problemen und einer politischen Destabilisierung.

Eine Antwort darauf suchen Geisteswissenschaftler wie Henri Bergson (1859–1941), der zu beweisen suchte, nur die Intuition (die innere Anschauung, nicht der „zergliederte“ Verstand) könne das Wesentliche erfassen, oder als Nachfolger Oswald Spengler mit seinem Essay „Der Untergang des Abendlandes“. Friedrich Nietzsche fordert den neuen Menschen (den „Übermenschen“), der dem Neuen ungeachtet der Gefahren entgegengehen solle (Seiltänzer im Werk „Zarathustra“).

Die junge Generation kritisierte die sozialen Missstände. Sie hatte, ähnlich dem Sturm und Drang, den festen Willen zur Erneuerung und kämpfte für geistige und schöpferische Freiheit. Die jungen Expressionisten hingegen versuchten neben diesen Zielen vor allem die Welt vor einem bevorstehenden Chaos zu retten. So entstanden düstere Visionen vom Weltende. Diese Gemütslage lässt sich unschwer im Gedicht „Aufbruch der Jugend“ von Ernst Wilhelm Lotz erkennen.


Der Frühexpressionismus (bis 1914)

Die meisten kritischen Autoren sind Vertreter bürgerlich-gebildeter Schichten. Der Hintergrund dieses scheinbaren Paradoxons ist die erstarrte Bildung, d. h., es wurden Ideale gelehrt, die schon lange nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Diese Widersprüche fielen der Jugend auf und verunsicherten ihre persönlichen Wertvorstellungen. So kam es, dass die Karriere verdrängt wurde und sich die neuen Künstler entweder als Verkünder einer neuen Zeit verstanden oder sie sich einfach nur von Konventionen befreien wollten.

Als erste Vertreter des Expressionismus gelten u. a. die Zeitschrift Der Sturm (1910–1932) von Herwarth Walden (darunter Beiträge von Walter Serner), Der Brenner (1910–1954) von Ludwig von Ficker, Die Aktion (1911–1932) von Franz Pfemfert oder Jakob van Hoddis, der im Gedicht Weltende (1911) durch eine Sukzession (Abfolge) von Bildern die Dynamik und Zerrissenheit des Großstadtlebens beschreibt.

Der Expressionismus als experimentell orientierte Strömung kann als Reaktion einer jungen Generation auf die Wirren der Zeit, die Folgen der Industrialisierung und Urbanisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelesen werden. Die rasante Entwicklung der Verkehrs- und Kommunikationstechnologien, die zunehmende Verstädterung, das Leben in der Stadt, die von ihr ausgehende Reizüberflutung, deren Kurzlebigkeit und Fluktuation verursachen in der jungen Intelligenz ein Gefühl der Orientierungslosigkeit, der Ohnmacht, Isolation und Entfremdung. Gleichzeitig wird der Trott der Menschen, ihr alltägliches Leben im Rahmen einer konservativ-bürgerlichen Gesellschaft als bedrückend und einengend wahrgenommen. Diese Gefühle werden zum Ausgangspunkt einer neuen künstlerisch-literarischen Bewegung, die radikal mit der Wertorientierung der Väterwelt bricht, um in ihrem literarischen Schaffen das konservative Bürgertum zu provozieren und gegen es aufzubegehren.

Ein zentrales Thema expressionistischer Literatur ist deswegen der Aufbruch, der sich im Verkündigungspathos der Expressionisten widerspiegelt. Das Bewusstsein, sich von politischen, sozialen und ästhetischen Fesseln der Vergangenheit befreien zu müssen, war allen Vertretern dieser literarischen Strömung gemeinsam und äußerte sich in neuartigen Formen und Inhalten.

Der Expressionismus zwischen dem Ersten Weltkrieg und 1925

Der Erste Weltkrieg verändert den Expressionismus. Vor Kriegsausbruch wird der Krieg in der Lyrik häufig als Motiv herangezogen, um die Überwindung des Bestehenden (zum Beispiel in Der Krieg von Georg Heym) und den Aufbruch zu Neuem (zum Beispiel in Der Aufbruch von Ernst Stadler) zu thematisieren. Nach Kriegsausbruch hingegen entstehen in Bezug auf das Kriegsmotiv fast ausschließlich Gedichte, die die Fronterfahrungen der Autoren widerspiegeln. Die Perspektive auf vertraute Umgebungen ändert sich radikal (zum Beispiel in Patrouille von August Stramm) und subjektive Erfahrungen werden nicht nur verarbeitet, sondern auch datiert (zum Beispiel in Grodek von Georg Trakl). Eine große Zahl von Autoren des Expressionismus stirbt im Ersten Weltkrieg.

Erst durch Fronterfahrungen und Elendszeit nach dem Krieg entstanden ein zunehmender Pazifismus und die Verfluchung der technischen Massenvernichtung im Rahmen einer radikalpazifistischen Stoßrichtung. Somit standen nicht mehr (wie im Frühexpressionismus) Fantasien düster-morbider Visionen im Vordergrund, sondern politisch linksradikale Modelle einer (alternativen) neuen Gesellschaft, wobei oft die eigentliche soziale Botschaft hinter vagen, nicht näher bezeichneten Erlösungsutopien in den Hintergrund tritt.

Vertreter aus der Dramatik sind Ernst Toller oder Ernst Barlach mit politisch motivierten Texten (viele davon auch als Bühnenstücke umgesetzt). Unter den Expressionisten herrschte noch immer ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl, so dass sich Vereinigungen wie „Der Charon“ bildeten. Diese gaben Zeitschriften wie „Der Sturm“, „Der Brenner“, „Die Aktion“, „Das neue Pathos“ oder die berühmte Zeitschrift „Die Brücke“ heraus. Letztere wurde von Karl Röttger (1877–1942) herausgegeben, um die Ideen der „Charontiker“ bekanntzumachen.

Textgrundlage wikipedia





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