lifedays-seite

moment in time




 
Literatur


04.2



Gedichte - Luise Deusch
____________________



 Tau und Duft
 
Sternkerzen sanft verbrannten
Und Morgenfeuer strahlen,
Grün glänzt die Welt und golden,
Gefüllte Opferschalen
Stehn Blätter und die Dolden.
Vom jungen Ministranten,
Dem Winde, angestoßen,
Bewegt sie leises Schwanken
Und klare Tropfen flossen
Am Fuß herab, dem schlanken.
 
Dann hohen Ganges nahet
Die Priesterin, die Sonne,
Zu sammeln all die Spenden,
Die Gaben stiller Wonne,
Mit ihren goldnen Händen.
Dafür von ihr empfahet
Den Lohn an Räucherwerke
Ein jedes der Gefässe,
Als ob in Duftesstärke
Sich die Natur ergösse.


zurück

 

 
 Tolles Zeug
 
Frühling, Frühling, deine Schuld,
Deines Rauschebades!
Heut ist einmal Sorgenmord,
Alle müssen über Bord,
Meinethalb zum Hades!
 
Tolles Zeug, Allotria,
Kann ich wohl noch leisten;
Klingle euch die Ohren voll,
Selbst wenn strafend mich Apoll
Ließe dafür geisten.
 
Heute kann der Übermut
Nicht die Haut mehr kosten,
Heutzutag wird’s sanfter sein,
Auch mein armes Leierlein
Müßte ja schon rosten.
 
Frühling, Frühling, gehst du schon,
Heiter, ohne Treue?
Schütte mir in Schoß und Haar
Blüten noch fürs ganze Jahr,
Daß ich selber streue!

zurück




oben

weiter





_________________________________

Textgrundlage: „Tau und Duft“, "Tolle sZeug",  Luise Deusch,
aus: Gedichte, Verlag v. J. F. Steinkopf, Stuttgart, gedruckt bei
J. F. Steinkopf, Stuttgart,

Digitized bei google, Original from Princton University

Logo 296: "A Paradox", Frances MacDonald MacNair, 1950 gemeinfrei
wikimedia  

   lifedays-seite - moment in time