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04.2
Gedichte - Luise Deusch
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Am Meer
Dich
grüß ich am Morgen, einziges Meer,
Dich
grüß ich am Abende draußen!
Dein
unermeßliches Wogenheer,
Ergriffen
hör ich es brausen;
Du
bist mir ein leuchtender Gottestraum,
Davor
wir in Andacht stehen,
Und
ich bin nur eine Flocke Schaum
Und
müßte zitternd vergehen.
Nicht
satt kann ich werden von Tag zu Tag
An
diesem Kommen und Fliehen;
Das
ist wie gewaltiger Herzensschlag,
Tiefst
schöpfendes Atemziehen;
Es
wohnet ein rastlos wirkender Geist
In
deinen wandernden Wogen,
Diese
Welle vor mir hat die Erde umkreist,
—
Wird
morgen zur Sonne gezogen.
Und
so groß du auch bist, doch kannst du
nicht
Das
lauschende Herz mir erfüllen,
Das
sucht noch ein anderes Angesicht
Und
dringt in die ewigen Hüllen;
Von
dem du mit herrschender Stimme singst,
Sein
bin ich in Demut und Schauer,
Weil
du, o Meer, die Kunde mir bringst
Von
Gottes Dasein und Dauer.
zurück
Im Hochgebirge
Hier
rast’ ich, o Mutter, und staune dich
an,
Erschüttert
von deiner Größe,
Dann
treibt es mich wieder stürmisch voran,
Bis
völlig dein Arm mich umschlösse;
Dein
Lächeln verleugnet den tückischen
Firn,
Deiner
Stimme Lawinendröhnen,
Berückend
weißt du die fürstliche Stirn
Mit
furchtbaren Zacken zu krönen.
Ich
werfe mich nieder, wo mich umfängt
Das
Grün der verschwend’rischen Matten,
Und
will, von keinem Grauen beengt,
An
Düften und Blüten mich satten.
Da
horch! herüber der Firnwind pfeift,
Aufschrecken
mich Adlerschreie, —
Mein
brustzersprengend Verlangen greift
Hinauf
in die selige Bläue.
Bald
steh ich, vergessend der Erde Rest,
Vom
Staube der Ebne gereinigt,
Begehend
unsagbar heiliges Fest,
Dem
schaffenden Wesen vereinigt,
Und
möchte zugleich vom äußersten Hang
Die
Arme als Flügel entbreiten,
Erhoben
von mächtig tragendem Drang
Durcheilen
Unendlichkeiten!
zurück
Vor Beethovens Bildnis
Welch
Meisterwerk entringt sich seinem
Bande?
Wenn
deine herben Züge ich betrachte,
Gemahnt
mich’s an den Fels im Wüstenbrande,
Den
der Prophet zum Heereslabsal machte,
An
einen Löwen, der in Gitterkammer
Noch
König bleibt. Mit einem Mut wie Eisen
Entwandest
du dem Schicksal seinen Hammer,
Gewaltig
ihn zum Schlüssel umzuschweißen,
Der
dir erschloß der hohen Götter Säle,
Wo
klarste Bronnen wundertönend quellen
Und
deines Geistes dürstende Kanäle
Von
unmeßbaren Fluten überschwellen.
Drum
brüte nicht, ob dich dein Schöpfer
kränkte,
Der
deiner Sinne einen weggerufen,
Daß
ungestörter ihn die Weihe tränkte,
Die
ausgeflossen von der Allmacht Stufen.
zurück
oben
_________________________________
Textgrundlage:
„Am Meer“, "Im Hochgebirge",
"Vor Beethovens Bildnis", Luise Deusch,
aus: Gedichte, Verlag v. J. F. Steinkopf,
Stuttgart,
gedruckt bei J. F. Steinkopf, Stuttgart,
Digitized
bei google, Original from
Princton University
Logo 387: "Nordsee
DK, Wellen", Urheber Muns, 2003,
Lizenz: CC 2,0
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