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Literatur


04.2


Gedichte - Mia Holm




 Weiche Winde

Eisig rings die Welt, und eisig
Auch mein Herz, das gramerstarrte,
Ohne Tränen, ohne Lieder
Sitz ich regungslos und warte.

Singend kommen weiche Winde,
Streichen lösend hin und wieder,
Ströme blitzen, Tränen funkeln,
Und die Schmerzen werden Lieder.


 Frühlingszauber

Der Frühling spring zu mir herein
Durchs offne Fenster,
Da fliehn vor seinem hellen Schein
Die Sorgen wie Gespenster.

Verwundert streift sein blauer Blick
Die grauen Wände,
Verzaubert alles mit Geschick
In grünende Gelände.

Das Sonnenstrahlenfeuer rinnt
In dunle Wälder,
Und duftbeladen geht der Wind
Geräuschlos durch die Felder.


 Liebeshass

Weiß nicht, ist es Liebe, Hass,
Was ich für dich fühle,
Weiß nur, brennet weh und heiß,
Was ich für dich fühle.

Weiß nicht, ist es Segen, fluch,
Was du mir gegeben,
Weiß nur, dass du schwer und reich
Mir gemacht das Leben.

Weiß nicht, ob du je und je
Mir wirst Liebe reichen,
Weiß nur, dass, wenn ich es denk,
Meine Wangen bleichen,

Dass ich dich mit kaltem Mut
Wüde gehen heißen,
Lachen deiner Liebesglut
Und dein Herz zerreißen.


 An den Gebirgsbach

Halte, lustiger Gesell,
Gib mir Antwort kurz und schnell,
Sag mir, allerliebster Bach,
Denkst du niemals ernstlich nach?
Gern um deinen leichten Sinn
Gäb ich meine Weisheit hin.

Seht, da lacht der kleine Wicht,
Spritzt mir Tropfen ins Gesicht,
Springt dann fort im Sonnenschein.
Soll das eine Antwort sein?







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Textgrundlage: "Holm Verse" - Verse von Mia Holm,
Verlag von Albert Langen, Paris, Leipzig, München 1900,
Druck von Hesse und Becker in Leipzig –
Library of Princeton University – digitized by google

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