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Literatur


04.2


Gedichte - Mia Holm



 Gedenkst du noch

Gedenkst du noch der funkelnden
Glücksel’gen Sommernacht,
Die du am See, am dunkelnden,
Allein mit mir verwacht?

Am Himmelsbogen flimmerte
Der Sterne weißer Kranz,
Und dir im Auge schimmerte
Ein überird’scher Glanz.

Die ‚weichen Winde kräuselten
Das Haar dir sacht empor
Und gingen hin und säuselten
Geheimnisvoll im Rohr.

Zwei stille Tränen feuchteten
Dein dunkles Wimpernpaar,
Und ferne Blitze leuchteten
Herüber wunderbar.

Die süße wunderwebende
Uralte Zauberin,
Die ewig Allbelebende,
Berauschte unsern Sinn.

Gedenkst du noch der funkelnden
Glücksel’gen Sommernacht,
Die du am See, am dunkelnden,
Allein mit mir verwacht?


 Nur einen Blick

Glückseligkeit, wann endlich schau ich dich,
Glückseligkeit, wann kommst du über mich?
Ich will ja schwelgen nicht in deinen Armen
Und nicht am Herzen selig dir erwarmen,
Nicht wild berauschen soll mich deine Wonne,
Nicht heiß durchglühen deine Strahlensonne,
Dein Morgenrot nur soll durchs Herz mir ziehn
Wie lichter Traum und wie ein Traum auch fliehn,
Nur süß und leise soll dein Hauch mich streifen
Wie Duft der Blumen im Vorüberschweifen,
Zu schaun verlang ich niemals ohne Hülle
Dein Angesicht in seiner Götterfülle.
Aus deinem sel’gen Auge einen Blick,
Und ruhig trag ich weiter mein Geschick.







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Textgrundlage: Holm Verse - Verse von Mia Holm,
Verlag von Albert Langen, Paris, Leipzig, München 1900,
Druck von Hesse und Becker in Leipzig –
Library of Princeton University – digitized by google

Logo 149: "Kommen und Gehen", Paul Gauguin 1887,
gemeinfrei
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