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Literatur


04.2


Gedichte - Mia Holm



Dämmerstunde

Süße, zaubersel’ge Dämmerstunde!
Im Kamine helles Flackerlicht,
Freude blitzt aus deinem Angesicht,
Scherze sprühn aus deinem goten Munde.

Jetzt nur glimmend hier und da noch Funken,
Scherz und Lachen allgemach verstummt,
Ganz in weiche Dunkelheit vermummt,
Bist du lautlos mir ans Herz gesunken.


Im Boot

Ich sitze still im kleinen Boot
Und blicke in die Tiefen,
Mir ist, als ob mit Schmeichellaut
Mich Schwesterstimmen riefen.

Es missverstehn, verhöhnen mich
Die andern Menschenkinder,
Gebrechlich bin ich, leicht verletzt,
So fremd, und scheuer, blinder.

Wie zieht es mich von Welt und Licht
Zur Tiefe unermessen,
Ich stieg gewiss aus Meeresgrund
Und hab es nur vergessen.



Komm

Komm zum Walde! Falter wiegen
Sich im grünen Dämmerschein,
Zärtliche Gedanken fliegen,
Und die Vögel schmettern drein.
An der Quelle will ich liegen,
Deine Hand mein Becherlein,
Und mein Aug soll dich umschmiegen
Und mein Aug dein Spiegel sein.
Koo, o komm! Wir wollen lauschen,
Was der Wald von Liebe spricht.
Er wird rauschen – Küsse tauschen
Werden wir im Dämmerlicht.


Ich hasse die Sterne

Ich hasse die Sterne, sie leuchten,
Doch wärmen sie nicht,
So täuschend wie deins und so gleißend
Ihr schimmernd Gesicht.

Ich hasse die Sterne, sie strahlen
In höhnender Ruh,
Da du mich zu Tode getroffen,
Und nichten dazu.






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Textgrundlage: "Holm Verse" - Verse von Mia Holm,
Verlag von Albert Langen, Paris, Leipzig, München
1900, Druck von Hesse und Becker in Leipzig –
Library of Princeton University – digitized by google 

Logo 48: Bauerngarten, Gustav Klimt, EJ: 1905-06,
gemeinfrei,

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