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Literatur


04.2

Gedichte - Mia Holm


Ich weiß nicht was

Es kommt zu mir, ich weiß nicht, was,
Es kommt zu mir, ich weiß nicht, wie,
Es steigt mir in die Augen nass,
Es füllt mein Herz mit Harmonie.

Es weht mich an wie Blütenwind,
Blickt rätselhaft und doch so klar,
Es ist nicht Gott, ist nicht mein Kind,
Und gleicht doch beiden wunderbar.


Schlafwandelnd

Auf Traumeshöhen wandelte
Sie ohne Bangen,
Ein Freudenschimmer übergoss
Die zarten Wangen.

Das Mondlicht umflutete
Die schlanken Glieder,
Verzückt, entrückt sah lächelnd sie
Zu dir hernieder.

Du riefst sie an, da fuhr sie auf,
Sah ihr Verderben,
Zu deinen Füßen liegt sie nun,
Bereit zu sterben.



Mutterglück

Kann ich nicht ein Kindchen sein,
Will ich Kinder haben!
Und es kamen Mägdelein,
Kamen lust’ge Knaben.

Munter wie ein Frühlingsquell
Sprudeln ihre Mündchen,
Und sie laufen froh und schnell
Hinter mir wie Hündchen.

Krähen hell und summen tief,
Pfeifen, springen, lachen,
Und die Röckchen sitzen schief
Und die Nähte krachen.

Spielen Storch auf einem Bein,
Bär auf allen Vieren,
Reizend ist’s, Mama zu sein!
Wollt es nur probieren.


 Tanne steht voll Sinnen

Tanne steht voll Sinnen,
Silberweide lacht,
Schmetterlinge minnen
Grillen singen sacht.

Kichern tönt und Klingen
Hell im Windeshauch
Sonnenstrahlen springen,
Schatten tanzen auch.

Zarte Fäden schweben
Licht von Baum zu Baum.
Freude nur ist Leben
Und der Schmerz ist Traum.





oben

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Textgrundlage: "Holm Verse" - Verse von Mia Holm,
Verlag von Albert Langen, Paris, Leipzig, München
1900, Druck von Hesse und Becker in Leipzig –
Library of Princeton University –
digitized by google  


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