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Literatur


04.2


Nachwort zu "Vogel-Begegnungen"
Paul Klee


1939- 1940
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Nachwort (Auszüge)

In seinem Nachwort beschreibt Gotthard  Jedlicka  (1960) nicht nur das Abenteuer der Zusammenstellung der 16 farbigen Blätter für das Buch „Vogel-Begegnung“ sondern er beschreibt jedes einzelne dort verwendete Aquarell von Paul Klee.
 
Über das 1. Aquarell schreibt Gotthard Jedlicka:

„Männlicher Kopf, jugendlich, mit blauen Augen“ (1)


 . . .  „es enthält so viel Anfang (Anfang des Lebens, Aufbruch der Seele und des Geistes) und so viel Versprechen.“
 
Von den Aquarellen

„Götzin“ (10)


„Ein Antlitz auch des Leibes“ (12)


„Rote Hand“ (13)
 


„Weinende Frau“ (14)


„Schwund“ (16)
 
 „gehe eine mythenbildende Wirkung (Jedlicka) aus“.
 
Zu den Aquarellen stellt  Jedlicka  fest:
 
„Raumarchitektur“ (2)


„Architektur der Ebene“ (5)


. . . „wie oft wirkt seine Farbmaterie – als das Aequivalent eines Klangkörpers, einer Klangmasse“ . . . Wie oft kann der graphische oder farbliche Charakter einer Zeichnung oder eines Aquarells durch eine Bezeichnung aus der Musik charakterisiert werden.
   
Über Paul Klees Malerei sowie die in diesem Buch eingestellten Aquarelle verfasste Gotthard Jedlicka die wundervolle Beschreibung:

„Wer ein Aquarell von Paul Klee in die Hand nimmt oder es aus der Distanz betrachtet, in der es gezeichnet und gemalt wurde, aus der Distanz einer Armlänge, der blickt nicht durch ein kleines Fenster in eine große oder kleine Welt, sondern steht einer ganzen Welt gegenüber.

Seine Malerei ist der Ausdruck einer reichen Phantasie, einer intensiven Stoff- und Farbsinnlichkeit,

„Don Chi“ (6)


eines bewegten Spieltriebs,

„Tante aus England“(9)


des Humors, und der Ironie,

„Rekonstruktion einer Tänzerin, ein Versuch“(15)


der Laune und des Witzes

und einer unermüdlichen Lust des Experimentierens mit der Vorlage, auf der er zeichnet und malt, mit dem Instrument, das ihm dabei zur Verfügung steht, in den Motiven, von denen er ausgeht, oder zu denen er gelangt

 „Ein Doppel-Schreier“ (11)


mit den Einfällen, die sich aus einem ersten Einfall ergeben, mit dem Kunstbewußtsein, dem Kunstverstand.
 
Über die Wirkung des Blattes:
 
„Ein Antlitz auch des Leibes“ (12)

 
– schreibt Gotthard Jedlicka:
„nach den Elementen der Zeichnung und der Farbe zu forschen, die sie begründen wird man immer wieder versucht sein.“
 
Und weiter beschreibt er:
„Mit breiten Pinselzügen ist eine Figuration hingesetzt, die an eine weibliche Halbfigur mit einem Antlitz erinnern mag. Das Antlitz, mit einem liegenden Haken skizziert, die Augen mit schwarzen Scheiben über schwarzen Stielen wiedergegeben, der Hals ein breiter senkrechter Pinselstrich: zwei schwarze breitrandige Kreise, mit rostbrauner Farbe gefüllt, markieren die Brüste; ein schwärzliches breitschenkliges Dreieck, das auf der Spitze steht, kennzeichnet die Scham.

„Vielleicht erschließt der Titel den Weg zum Verständnis dieses Aquarells:
der Leib hat so viel Antlitz wie das Antlitz, der Körper so viel Gesicht wie das Gesicht. „
 
Das Jahr 1938, das vorletzte Jahr des Lebens von Paul Klee ist ein „Jahr der herrlichen Ernte.“  In
diesem einen Jahr hat Paul Klee zwölfhundert Bilder und Aquarelle gemalt.
 
Paul Klee hat den Zweiten Weltkrieg vorausgeahnt.
 
Das Aquarell
 
„Weinende Frau“ (14)

 
ist der Ausdruck eines „apokalyptischen Weltgefühls.
 
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"Der hier eingestellte Text wurde, bis auf kurze eigene Anmerkungen, folgender Publikation entnommen: Paul Klee - Vogel-Begegnung, mit einem Nachwort von Gotthard Jedlicka, München: R. Piper & Co. Verlag, 1960. (G.R.)"

Die Zustimmung zur Verwendung der hier eingestellten Textstellen aus dem Nachwort von Gotthard Jedlicka zu Paul Klees Arbeiten und Gedichten wurde durch die Gotthard und Friedel Jedlicka-Stiftung, Schaffhausen, CH,  am 17.2.2016 erteilt. Danke dafür! (GR)

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