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Literatur


04.2


Gedichte
Oskar Loerke

Der Gast von Altheide
aus: Die Abschiedshand

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Des Hundes Nickel Antwort

Mit wacher Nüster und mit weisen Ohren
Hast du entschieden zwischen Recht und Trug.
Betrübten, die dich hegten und verloren,
Gib kund: war dir die Welt nicht Welt genug?
 
«Gewiß. Darin gestorben wie geboren,
Nahm ich sie traulich an und schelmenklug.
Wie euch, den Nächsten, war ich ihr verschworen,
Ich log ihr nicht, und sie war ohne Lug.
 
Und ich verschwand ja nur wie einst, ihr Toren,
Im Busch, der über mir zusammenschlug.
Laßt euch den Blick nicht meinethalb umfloren!
Ich belle euch voran im größten Zug.»

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Das schlichte Tal

Das Talbuch rauscht: bescheiden ist es hier,
Und nicht, daß meine grüne Zier
Dir Flügel zur Erhebung leiht.
Nur schön ist jede Einzeltanne:
Von ihr zum Himmel reicht die Spanne
Doch durch die ganze blaue Ewigkeit.

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Die Vorübergehende

Ihr scheltet die Propheten,
Ihr lärmt bei eurem Schmaus.
Ich bin nicht eingetreten,
Und schon weist ihr mich aus.
 
Wenn ihr auch einen Segen
Wie Speichel von euch speit,
Ich will mich doch erregen
Um eurer Kinder Leid.
 
Noch ist es unempfunden,
Ihm opfern wäre Scham.
Bald zieht es den Gesunden
Wie Gicht die Glieder lahm.
 
Die Knaben, braun und flachsen,
Die Mädchen, die so schrein,
Sind bald herangewachsen,
Und dann erst sind sie klein.
 
Da sind sie nicht im Schwange,
Die Wahrheit brennt zu sehr,
Sie ziehn mit keiner Zange
Die Sonne in das Meer.
 
Zu ernten und zu essen,
Was ihre Kräfte mehrt,
Sie haben es vergessen —
Und keiner, der sie lehrt!
 
Einst hieß ich Friedrich Schiller,
Den ihr von dannen jagt.
Keift fort! Ihr keift noch schriller,
Wenn ihr zu Boden schlagt.
 
Es kommen wieder Helden,
Die meine Nacht erkennt.
Sie werden mir es melden:
Der Götterfunke brennt!

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Ende der Gewalt
Wo ist dein Sieg o Tod? Pope/Herder
 
Ihr, die ihr zwingt, doch nie bezwingt:
Und wenn ihr noch so eifrig seid
Und fern von Mitleid oder Leid,
Ihr macht, wenn ihr die Kolben schwingt,
Für euch in Zeit und Ewigkeit
Aus meinem Blut kein Goldgeschmeid!

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Zweierlei Fug

Leb wohl mit deinen schönen Kleinigkeiten.
Sie haben ihre Stärke, Anmut, Dauer.
Es läßt der Vogel wohl sein Bauer
Mit unversehnem Flügelbreiten
Und Lustgeschwirr im Stich.
 
Mein großes Hauptgeschäft der Trauer
Ist nicht für dich.

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Mein Gespinn

Laßt mich auf Erden tun,
Wozu ich irdisch bin.
Sonst laßt mich in ihr ruhn,
Verdeckt bis an das Kinn.
 
Wie Taube, Hahn und Huhn
Ihr letztes Blutgerinn
Zum ersten gleichsam tun,
Auch darin liegt ein Sinn.
 
Geht fort mit Kleid und  Schuhn
Und lagert nackt mich hin.
Urmutter raunt mir nun:
Ich spinne dein Gespinn.

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