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04.2
Gedichte
Oskar Loerke
Die heimliche Stadt
Berlin 1921
__________
Der Sinn
einer Musik
Ich war die Freude der
Freuden,
Ich war der Schmerz der
Schmerzen,
Ich maß und sann und litt sie
aus.
Die Freuden sprachen zur
Freude:
Töte durch uns nicht den
Augenblick:
Wie soll er leben?
Die Schmerzen sprachen zum
Schmerze:
Gib nicht der Ratte, die an
dir frißt,
Wenn du zur Opferstunde
wehrlos bist,
Dein Herz, - wie soll es
schlagen?
Ich baute die gläserne Brücke
Über dem Strome der Ströme.
Wie rauscht er durch die
Gestalten!
Wie ziehn sie entseelt ihn
beseelend!
Mir kam auf gläserner Brücke
Das Schluchzen hoher
Heiterkeit,
Die nichts zerstört und
nichts begehrt.
Nun war ich die Freude der
Freuden,
Ich war der Schmerz der
Schmerzen,
Ich maß und sann und litt sie
aus.
zurück
Dämmerungen
Wir
leben in den zweien Dämmerungen,
Die vor den Tag und vor die Nacht gewebt sind,
Und unsere Gnaden sind daraus entsprungen
Wie Sterne, die aus unsrer Hand geschwebt
sind.
Auf Erden, die
aus unsren Händen schweben,
Füllt sich der Nil, der von uns nur gedacht ist.
Die Mumienländer wird er dennoch grün
beweben
Bis an den Memnon, der auf unsrer
Morgenwacht
ist.
zurück
Zeitgleiche
Aus
gelber Vase heben dicht im Kreis
Sich Löwenhäupter, Seelen rot und weiß,
Sie ruhn, der Sabbat Edens scheint sie an,
Mein Finger scheut vor ihrem Hort aus
Porzellan.
Derweilen ackert Wahnwitz drunten Städte
um,
Wie Sicheln stecken runde Tore krumm
In Angern, die nicht mehr zu mähen sind,
Herüber weht der kalte Totenwind.
zurück
Zeitlied
Ich
bin betrübt, doch nicht genug.
Da zankt die Welt zerrissen.
Die Sterne fallen in den Schnee
Der harten Bergeskissen.
Der Dunst erstickt die Herde schnell,
Der auffliegt aus dem Meere:
Aus Bein und Blut und müdem Fleisch
Ein Treiben in der Leere.
Der Weisen magres Bild, erhöht,
Zerschmettert mit den Säulen.
Es kreuzt sich Angst- und Jammerzug,
Die frischen Gruben heulen.
Nun ist es spät, nun ist es schwer,
Von Herzen traurig werden,
Denn keine Säulen tragen mehr
Die Traurigkeit auf Erden.
zurück
Gegen Abend
Hörst
du die pfingstliche
Botschaft,
In den Steinen Gebraus?
Löse die Zunge den Stummen! -
Doch du stiehlst dich hinaus.
Hob dich so brünstige Kühnheit,
Wenn du gefleht und begehrt,
Weil dich dein Trostgeist
getröstet,
Nie ja würd es gewährt?
Manchmal bei rauchendem Dämmern
Hat es dir innen geglüht,
Aber der geißelnde Nachtwind
Rauschte dann immer verfrüht.
Deine Brüder betreiben,
Was sie gelernt und geübt, -
Ach, du müßtest wohl weinen,
Aber du bist zu betrübt.
zurück
Winterzwielicht
Du
weißt, die weißlich blaue Stadtburg tunkte
In
dieser Schemenstunde Rauch und Norden
Ihr
Blinken schmerzlich still: viel holde Punkte
Gleich
Rosenöl, das selig Licht geworden.
Im
Dunst, gewälzt von öder Wolkenrampe,
Hat
sich oliv ein Riesenmond gelagert,
Doch
zittert noch nach deiner Mittagslampe
Die
Helle greisengierig, abgemagert.
Fern
schlürft es. Schleift im Hirn der
Blindenstecken?
Wo
lacht die Teufelin, wo pfeift der Schlechte?
Zu
Herzen kriecht, im Herzen wiegt ein
Schrecken,
Nicht
da, doch ist er da, der Alb im Knechte.
Er
sendet aus die Nachtigall, die Ammer,
Damit
dich Wehmut schläfere mit Schalle:
Dann
ruft er Tote nach der Herzenskammer,
Die
hüpfen fremd in stummem Überfalle.
Nun
hüpft das Vieh, das man vor Tag
geschlachtet,
Geköpfte
Lämmer, abgedrehte Enten,
Selbst
Eingeweid, verworfen und verachtet,
Voll
Blut und untermischt mit Exkrementen.
Du
schliefst, du schliefst in endlosem
Verschulden.
Wie
scheint sein wüstes Meer ein enger Hafen!
Wie
Rosenöl besprengt die Straßenmulden
Das
reine Licht, damit sie weiter schlafen.
zurück
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