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04.2
Gedichte
Wolkenüberflaggt - Ernst Wilhelm Lotz
Erster Teil - II.
Wolkenüberflaggt
WEISS
ÜBER DEN WEITEN . . .
Weiß
über den Weiten
Blendet
das Meer.
Und
blaue Wolken rauchen,
Steht
mit den Gezeiten
Segel-fächert
ein stürmend großer Traum daher.
Und
hält dumpf schattend. Die See geht schwer.
Aus
dürren Masten hörst du graue Stimmen fauchen.
Dann
ebbt es weg. Und deine Angst, die dich umschnürte,
Wird
Sehnsucht, die Musik mit weichem Strahl berührte. -
Verstört
fühlst du die Segel untertauchen.
oben
SCHLAF-WACH
Zum
Schlag der Nachtuhr schwingt mein Blut das Pendel.
Ich
liege ausgereckt.
Und
warte atmend. - Stunden rauschen auf.
Und
jede Stunde hält ein kreisendes Licht.
Ein
tief bedeckter Gang zeigt in die Ferne,
Vom
Stundenlicht bedämmert.
Mein
Auge starrt beglänzt.
Nachthelle
Stunden!
Ihr
könntet schaukelnde Schmetterlinge sein,
Maibunt
bemustert und Pfauenaug-gefiedert.
Ihr
könntet summen, getragen auf Akkorden,
Dom-Hallend,
weit, durch Türen, Läden und Stille,
Herschwingende,
versponnene Musik.
Die
Nacht ist bunt und glücklich.
Vor
meinen Augen baut sich ein taumelndes Kugelspiel aus
Glaskugeln.
Mit
weichen Glöckchen macht sie ein Ohrengeklingel.
Dann
zupft sie hoch von wasserrauschenden Bäumen
-
Das wogt und fächert -
Viel
erdbeergroße rote Beeren herab.
Sie
spielt damit umher und schnellt sie und fängt sie
Und
singt verweht einen Kinderreim.
Und
nimmt sie zusammen und reiht sie und schwingt sie
Im
Kreis bunt und rund
Und
wirft sie um meinen Mund. –
Rotglühend
brennt ein lutschend-süßer Kuß!
Die
Nacht ist bunt und zeitlos
glücklich.
oben
___________________________
Textgrundlage: "Wolkenüberflaggt",
Gedichte von
Ernst Wilhelm Lotz, Kurt Wolff Verlag,
Leipzig,
1917, gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R,
Herbst 1916, als
sechsunddreißigster
Band der Bücher „Der jüngste Tag“, ©1916 by Kurt Wolff
Verlag,
Leipzig
Uni-Düsseldorf
Logo 74: "Tracks
at the Saint-Lazare Station", 1877,
Claude Monet, gemeinfrei
wikimedia
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